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Algen und Insekten stopfen Proteinlücke

20. April 2016 17:46

SCHWEIZ (Zürich) – Die Firma Bühler AG in Uzwil und die ETH Zürich untersuchen derzeit, wie tierisches Eiweiss durch Proteine aus Algen, Insekten und Hülsenfrüchten ersetzt werden kann. Damit soll die weltweit wachsende Versorgungslücke mit Proteinen bekämpft werden.

Von Ruth Preywisch

Jeder Erwachsene benötigt rund 60 Gramm hochwertiges Eiweiss pro Tag. „Intensive Landwirtschaft, Massentierhaltung und Fischerei decken unseren Proteinbedarf nicht nachhaltig und umweltverträglich“, sagt Bühler-Technologiechef Ian Roberts.

Die Landwirtschaft erzeugt für die Ernährung der Weltbevölkerung jedes Jahr gut 525 Mio. Tonnen pflanzliche Proteine wie sie etwa in Mais, Reis, Weizen oder Soja vorkommen. Eine Berechnung von Bühler zeigt aber, dass bis 2050 zusätzliche 265 Millionen Tonnen Eiweiss pro Jahr benötigt werden, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren.

Noch fällt die Vorstellung, den Proteinbedarf mit Insekten zu decken, schwer
Noch fällt die Vorstellung, den Proteinbedarf mit Insekten zu decken, schwer

„Wir brauchen neue, innovative Ansätze in der Eiweissproduktion und -verarbeitung. Andernfalls drohen unsere Landwirtschaftssysteme zu kollabieren“, ist Prof. Alexander Mathys von der ETH Zürich überzeugt. Die Bühler AG und das Institut für Lebensmittelwissenschaften der ETH Zürich suchen deshalb gemeinsam nach Alternativen zu den tierischen und herkömmlichen pflanzlichen Proteinen.

Geeignet dafür sind Eiweisse aus Hülsenfrüchten, aber auch solche aus Algen und Insekten. Während die Hülsenfrüchte als glutenfreie Proteinlieferanten in Asien und Afrika seit jeher auf dem Speiseplan stehen, erleben sie derzeit vor allem in Europa und Nordamerika eine Wiedergeburt.

Das Ziel der Partnerschaft ist, Hülsenfrüchte in Reinform oder gemischt mit anderen Rohmaterialien zu Pasta, Backwaren, Snacks oder Fleischersatzprodukten verarbeiten. Die Konsumenten müssten ihre Essgewohnheiten dann nicht verändern und die Hülsenfrüchte würden attraktiver.

Mittel- bis langfristig müssten jedoch auch neue Rohstoffe genutzt werden. Vor allem Algen und Insekten bieten sich hier als hochwertige Eiweissquellen an. Mikroalgen wie Chlorella oder Spirulina (Arthrospira) wachsen schnell, brauchen wenig Platz und konkurrieren nicht mit den bereits genutzten landwirtschaftlichen Flächen. Ihr Eiweiss ist hochwertig und kann zu Lebens- und Futtermitteln verarbeitet werden.

Neben Proteinen enthalten Algen auch wertvolle mehrfach ungesättigte Fettsäuren und Farbpigmente. Um den Proteinlieferanten den Durchbruch in Europa und Nordamerika zu verschaffen, möchten die Forscher Produkte auf Algenbasis entwickeln, die ohne Geschmack und Textur zu verändern in traditionellen Lebensmitteln verwendet werden können.

Auch in Insekten wie Mehlwürmern oder Larven von Soldatenfliegen sehen die Forscher grosses Potential. Sie können platzsparend, einfach und günstig gezüchtet werden und sind effiziente Futterverwerter: Aus 2 Kilogramm Futter bilden sie 1 Kilogramm Insektenmasse. Insektenmehl ähnelt als Eiweissquelle dem Fischmehl und könnte als nachhaltige Futterquelle die Fischzucht revolutionieren. Damit würde der Druck auf die natürlichen Fischbestände zu reduziert.

Bühler arbeitet derzeit mit einem Partner in China am Aufbau einer Pilotanlage für die industrielle Verarbeitung von Fliegenlarven und Mehlwürmern. Ziel ist nicht nur die Verwendung als Fischmehlersatz, sondern auch die Gewinnung eines hochwertigen Fettes, das über ähnliche Eigenschaften wie Palmkernöl verfügt.

Prof. Mathys sieht grosse Vorteile in der Zusammenarbeit mit dem Technologiekonzern. „Bei der Konzeption von integrierten Bioraffinerien für ihre Aufzucht und Verwertung ist es wichtig, dass wir bereits in einem frühen Stadium mit Technologiefirmen wie Bühler zusammenarbeiten“, sagt er.

Gerade wenn geklärt werden müsste, wie sich Algen- oder Insektenproteine in industriellen Mengen züchten, extrahieren und verarbeiten lassen, brauche die Universität einen Partner aus der Industrie.

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