zurück

Nicole Just im Interview – Entspannt vegan

Nicole Just im Interview – Entspannt vegan
Copyright Gräfe und Unzer

Manchmal lebt Nicole Just zwischen Salat und Pommes. Aber das Gott sei Dank nur selten! Denn auch wenn sich so mancher Gastronom mit dem Thema vegan nicht auseinandersetzen mag, die kreative vegane Köchin macht es: Genussvoll, abwechslungsreich – und sehr erfolgreich. In Kochworkshops und in ihren veganen Koch- und Backbüchern zeigt sie, wie abwechslungsreich und lecker die „Pflanzenküche“ sein kann.

Über 4.000 ausgesuchte Weine jetzt im Onlineshop von Weinclub.com

Kaum zu glauben. Nicole Just wuchs als Enkelin eines Metzgers auf – und damit gehörte für sie Fleisch „davor“ dazu. Dieses davor liegt mittlerweile fünf Jahre zurück. Seit Anfang 2010 hat die sympathische Blondine Fleisch von ihrem Speisezettel gestrichen. Und nicht nur Fleisch, sondern alle tierischen Produkte. Als „La Veganista“ gilt Nicole Just derzeit als die erfolgreichste Veganerin Deutschlands, denn mit dem Verzicht auf Fleisch entdeckte sie ihre Liebe zum Kochen neu und gründete mit vegan-sein.de einen der erfolgreichsten Blogs zu diesem Thema.

Nicole Just im Gespräch mit Anja Hanke

Anja Hanke: Hand auf’s Herz: Hatten Sie jemals einen schwachen Moment?

Nicole Just: Nein, den gab es nie! Natürlich ist es unbefriedigend, wenn man auf Reisen, zum Beispiel in sehr ländlichen Gebieten, tagelang Salat, Pommes und Brot zu sich nehmen muss, weil es keine anderen Alternativen gibt. Allerdings sorge ich immer ein wenig vor und suche im Internet nach Lokalen, in denen ich vegan essen kann. Wenn das gar nicht möglich ist, verpflege ich mich selbst. Viele vegane Produkte müssen nicht gekühlt werden bzw. halten eine Unterbrechung der Kühlkette im Notfall aus. Ich vermisse auch nichts wirklich, dazu gibt es viel zu viele vegane Gerichte und immer wieder neue Produkte, die ich entdecke. Nur im Bereich veganer Käseprodukte müsste sich noch etwas mehr tun. Ab und an wünsche ich mir einen veganen „Bergkäse“ oder einen rein pflanzlichen Camembert.

Anja Hanke: War der Anfang als Veganerin schwer?

Nicole Just: Ja und nein. Ich hatte bei meiner Umstellung erwartet, große Probleme beim Einkaufen oder Essen im Restaurant zu bekommen. Das war aber nicht der Fall. Die wirklichen Probleme hatte ich damals mit einigen Menschen in meinem Umfeld. Ich bin sehr offen mit meiner Ernährungsweise umgegangen und habe dafür nicht nur Beifall geerntet. Viele Menschen um mich herum waren sehr skeptisch, fühlten sich provoziert oder hatten Angst, ich könnte gesundheitliche Probleme bekommen. Veganismus war vor fünf Jahren noch nicht so verbreitet wie heute.

Anja Hanke: Wieso wurden Sie Veganerin?

artikel-172-intext1-300x350
Nicole Just mit viel Leidenschaft in der Backstube

Nicole Just: Ich habe für Tiere schon immer eine besondere Empathie gehabt, sie aber trotzdem auch sehr gern gegessen. Die Verbindung zwischen der Kuh auf der Wiese und dem Steak auf dem Teller habe ich einfach verdrängt, ebenso wie die Frage, warum Fleisch und Milch so unfassbar billig sind. Es hat aber dennoch immer in mir gearbeitet, mal mehr, mal weniger. Dann habe ich einige Bücher zum Thema gelesen und mir im Internet Videos aus der Massentierhaltung angeschaut, deren Inhalt ich kaum ertragen konnte. Plötzlich war ich im Thema drin und konnte die Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Also beschloss ich, vegan zu werden. Erst nur als Test, um mich selbst nicht zu sehr unter Druck zu setzen. Schon nach wenigen Tagen ging es mir körperlich viel besser. Ich war fitter, nicht mehr so oft müde und habe in den ersten Wochen so viele neue Lebensmittel und Geschmacksrichtungen kennengelernt, dass ich absolut nichts vermisst habe. Da war klar: Ich bleibe dabei!

Anja Hanke: Und heute – fällt Ihnen überhaupt noch auf, dass Sie „anders“ essen als der Mainstream?

Nicole Just: Nur sehr selten. In Berlin fällt mir das, angesichts der vielen veganen Angebote, überhaupt nicht mehr auf. Auf dem Land allerdings schon. Da bleibt es dann manchmal bei Salat oder Pommes. Aber das ist ok, ich weiß ja, wofür ich das alles tue. Doch auch hier sind Entwicklungen erkennbar, gerade in Restaurants, die frisch und regional kochen. Wo ich manchmal daran erinnert werde, dass mein Lebensstil noch kein Mainstream ist, ist der Supermarkt. Ich glaube, man fällt als Veganer mit all den pflanzlichen Produkten im Einkaufswagen schon ein wenig aus der Rolle.

Anja Hanke: Das Vorurteil ist ja auch, dass die Gemüseküche viel Zeit kostet…

artikel-172-intext2-300x397
„La Veganista backt“ – das aktuelle Buch von Nicole Just

Nicole Just: Nur am Anfang. Mittlerweile bin ich ja geübt und investiere nicht mehr Zeit als früher. Natürlich hat auch das Einkaufen in den ersten Wochen der Umstellung länger gedauert. Dann hatte ich den Dreh aber schnell raus und habe meine alten Lieblingsprodukte einfach durch die entsprechende vegane Variante oder durch neue ersetzt. Voraussetzung ist natürlich, dass man bereit ist selbst zu kochen. Aber das sollten nicht nur Veganer tun, sondern alle Menschen unabhängig vom Lebensstil. Ich habe schon oft aus meinem Umfeld Dinge gehört wie „Ich könnte das nicht, ich habe keine Zeit zum Kochen!“ Aber mal ehrlich, das ist doch eine Ausrede. Wir finden ja auch alle Zeit, um täglich in Facebook und Co. zu versinken, das Auto penibel einmal pro Woche zu waschen oder auf der Couch zu liegen, da muss auch Zeit zum Einkaufen und Kochen sein.

Anja Hanke: Und das nächste Vorurteil: Veganer ernähren sich zu einseitig…

Nicole Just: Ich ernähre mich heute viel besser und abwechslungsreicher. Früher war ich beim Lebensmitteleinkauf im Tunnel: Schnell ein, zwei Gemüsesorten in den Korb legen die ich kannte und dann ab zur Fleisch- und Käsetheke. Heute esse ich viele unterschiedliche Obst- und Gemüsesorten, je nach Saison, habe Produkte wie Hirse, Quinoa und Nussmus erst durch meine Umstellung entdeckt und lieben gelernt und baue sogar ein wenig eigenes Gemüse und Kräuter an.

Weinclub.com bietet die besten Weine aus aller Welt preiswert an

Anja Hanke: Ohne welche veganen Produkte können Sie nicht leben?

Nicole Just: Obst, Gemüse, Tempeh und Räuchertofu! Allerdings hätte ich diese Frage zu Beginn meiner Ernährungsumstellung übrigens noch anders beantwortet. Meine Entscheidung, vegan zu leben war eine ethische, der Geschmackssinn musste sich erst an meinen neuen Speiseplan gewöhnen. Anfangs habe ich darum Fleischalternativen sehr zu schätzen gewusst und hätte nicht ohne leben können. Mittlerweile verlangt mein Appetit aber nur noch selten danach.

Anja Hanke: Sie sind eine erfolgreiche Kochbuchautorin. Welche veganen Kochbücher empfehlen Sie?

Nicole Just: Ich liebe die Bücher von anderen Autoren, ganz besonders von Surdham Goeb (www.surdhamskitchen.com).“ Und im Moment mein aktuelles Buch: „La Veganista backt.“

Anja Hanke: Haben Sie vegane Restaurantstipps?

Nicole Just: Man kann mittlerweile in jeder größeren Stadt in Europa richtig gut vegan essen. Ein Ort, an dem ich gern mindestens einmal im Monat sein würde, ist das vegane Restaurant Zest in Leipzig. Sehr gut gegessen habe ich auch schon im Glass in Berlin. Das ist kein veganes Restaurant, aber ich nutze gern die veganen Angebote wo sie sich ergeben und finde es grandios, dass immer mehr Restaurantbetreiber der veganen Küche offen gegenüberstehen.

Anja Hanke: Haben Sie ein Lebensmotto?

Nicole Just: Ich versuche so vegan und entspannt wie möglich zu leben und dabei nie zu vergessen, woher ich komme. Das heißt, ich erlaube mir kein Urteil über Menschen, die nicht wie ich vegan leben, denn ich bin selbst auch nicht als „Pflanzenfresser“ vom Himmel gefallen, ganz im Gegenteil.

Anja Hanke: Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?

Nicole Just: Ich wünsche mir, dass die vegane Ernährung keine Grabenkämpfe mehr auslöst. Sobald ein Bericht in den Medien „pro-vegan“ ausfällt, folgen die bösartigen Kommentare auf dem Fuße. Das Ganze geht natürlich einher mit dem Wunsch, dass Veganismus seinen Platz im Mainstream bekommt. Veganer sind nicht vegan, um Fleischessern ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern in den meisten Fällen aus tiefer eigener Überzeugung, die sie oft gar nicht vor sich hertragen, sondern einfach leben.

Im Onlineshop von Weinclub.com guten Wein günstig kaufen

Weiter Informationen unter: www.nicole-just.de und www.vegan-sein.de. Persönlich können Sie Nicole Just auf der Foodmesse eat & style begegnen. Dort zeigt sie in unterschiedlichen Workshops und auf der Bühne, wie lecker und alltagstauglich die vegane Küche sein kann (www.eat-and-style.de).

Über die Autorin

Es gibt sie ganz selten. Doch Anja Hanke hat das grosse Glück zu ihnen zu gehören: Den Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten.

Sie liebt gutes Essen, handgefertigte Weine, erlesene Produkte und diese Verbindung an den verschiedensten Orten dieser Welt einzufangen – und für ihre Leser genussvoll aufzubereiten.

Kommentare

Sicherheitscode eingeben:

Meine Favoriten
Nach oben

Jetzt Facebook-Fan werden und keine Story verpassen

Jetzt Facebook-Fan werden

Jetzt den Feinschmecker.com
Newsletter abonnieren

Immer auf dem aktuellen Stand - die besten Rezepte & Storys - das Feinschmecker.com Mailing kostenlos abonnieren.

Datenschutz wird bei uns gross geschrieben - wir geben Ihre Daten niemals weiter. Der Newsletter kann jederzeit gekündigt werden.