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Sommer im Biergarten – Selbstverpflegung erlaubt

Sommer im Biergarten – Selbstverpflegung erlaubt
Copyright iStockphoto @totalpics

Münchner Biergärten sind nicht nur bei Einheimischen beliebt. Die kühlen, oft von hohen Bäumen beschatteten Gastro-Oasen gelten als Touristenattraktion. Dass man sein Essen in aller Regel mitbringen kann, erfreut die meisten Biergarten-Novizen. Auf keinen Fall gilt diese Freiheit allerdings für Getränke, und auch sonst muss man sich erst mal informieren, um diesen wichtigen Teil der bayerischen Kultur wirklich schätzen zu können.

Wer am Münchner Hauptbahnhof aus dem Zug steigt, sieht Imbissstände ohne Ende und bald darauf auch Outlets international operierender Kaffee- und Fast-Food-Lokale. Nur von Biergärten sieht er nichts. Die allerbayerischste Form des Getränkeausschanks mag alles Mögliche sein, wirklich zentral ist sie nicht. Am Stachus und in den benachbarten Strassen bekommt man zwar auch sein Bier – die Restaurants besitzen Tradition und bisweilen auch Flair –, sollte aber nur ja nicht auf die Idee kommen, mitgebrachte Speisen verzehren zu wollen.

ALTE TRADITION

Im einmal entdeckten Biergarten aber darf man, sofern sich der Inhaber auf altbayerische Traditionen beruft, ohne Gewissensbisse seine Semmel samt Leberkäse auspacken und auf historische Vorschriften pochen. Angelegt wurden die Gärten eigentlich nur nebenbei, als Abdeckung der in den Münchner Boden gegrabenen Bierlagerkeller.

Aus Sicherheitsgründen durfte lange Zeit nur im Winter gebraut werden. Damit das auf Vorrat produzierte Bier aber auch im Sommer kühl blieb, wurde auf die Keller Erde gehäuft, wurden Schatten spendende Kastanien gepflanzt. Dass man die so entstehende Idylle auch für den Ausschank des untendrunter reifenden Bieres nutzen konnte, wurde den Brauern schnell klar.

Doch sie hatten die Rechnung ohne die etablierten Münchner Wirte gemacht. Die beschwerten sich beim König und erreichten die Beschränkung des Angebotes. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts durften die Biergärten zwar Gerstensaft ausschenken, aber keine Speisen verkaufen; die Kunden gewöhnten sich an die Möglichkeit, Radi und Weisswürste mitzubringen.

NEUE VIELFALT

Die strengen royalen Regeln sind mittlerweile Vergangenheit, und die Kunden sind anspruchsvoller geworden. Münchner Biergärten beschränken sich nicht mehr nur auf Bier, sondern haben längst auch Speisen im Repertoire. Klassiker wie Obazda (ein angemachter Käse) oder Presssack will kaum ein Gast missen, auch Steckerlfisch und Schweinshaxen gehören zu den Klassikern – und manche Gastronomen lassen danach sogar die Wahl zwischen Kaiserschmarrn und Apfelstrudel.

In vielen Biergärten wird zwischen einem Selbstbedienungsbereich und einem bedienten Bereich unterschieden. Im riesigen Aussenbereich des Augustinerkellers, des ältesten Biergartens der Stadt, wird es auch kaum auffallen, wenn man sich eine Quattro Stagioni vom Pizzaservice kommen lässt – doch ist dieser Lieferservice durchaus umstritten und wird selten gern gesehen.

Noch mehr Gäste passen in den bei Touristen beliebten Biergarten Chinesischer Turm im Englischen Garten, und auch auf dem zentral gelegenen Viktualienmarkt geht es im Sommer hoch her. Verschwiegener und eher von Einheimischen und zugereisten Connaisseuren bevölkert sind Menterschwaige, Bootshaus und viele Gärten der Aussenbezirke.

Doch Vorsicht: Bevor man an unbekanntem Ort die mitgebrachte Brotzeit auspackt, sollte man sich erst mal nach den aktuell geltenden Regeln erkundigen. Unter den vielen Dutzend Biergärten, die im Münchner Stadtgebiet existieren, erlauben einige nämlich keine Selbstverpflegung.

Und wer auch darüber hinaus nicht allzu sehr als Fremder auffallen will, holt sich erstens – ausser in den bedienten Bereichen – sein Bier selbst am Ausschank und prostet sich zweitens ausdauernd zu. Vom geborenen Münchner ist er dann kaum noch zu unterscheiden.

Die zehn sehenswertesten Biergärten Münchens

Augustinerkeller, www.augustinerkeller.de
Biergarten Chinesischer Turm, www.chinaturm.de
Biergarten am Viktualienmarkt, www.biergarten-viktualienmarkt.de
Bootshaus
Gutshof Menterschwaige, www.menterschwaige.de
Hofbräukeller, www.hofbraeukeller.de
Insel-Mühle, www.inselmuehle-muenchen.com
Paulaner am Nockherberg, www.nockherberg.com
Seehaus im Englischen Garten, www.kuffler.de
Waldwirtschaft Großhesselohe, www.waldwirtschaft.de

Über den Autor

Wolfgang Fassbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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