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Pulnoy – Trüffelmarkt im Nordosten Frankreichs

Pulnoy – Trüffelmarkt im Nordosten Frankreichs
Copyright iStockphoto anzeletti

Rendez-vous für Gourmets – Trüffel und sein Anbau werden nach einem Besuch auf dem Trüffelmarkt in Pulnoy kein Geheimnis mehr sein. Hier treffen sich die wahren Experten.

Eine verrückte und gewagte Idee keimte in 1986 – einen Trüffelmarkt ins Leben
zu rufen in Pulnoy, einer Kleinstadt im Osten Frankreichs und in der Nähe von Nancy.

Die Idee war sichtlich gut. Seit mehr als 19 Jahren strömen jedes Jahr mehr und mehr Besucher nach Pulnoy, neugierig auf diese Veranstaltung. Am Wochenende vom 7.bis 8. November 2015 war es wieder soweit.

Wer glaubt, in Lothringen gäbe es keine Trüffel, der irrt. Auch Lothringen ist ein Trüffelland. Der Trüffel liebt kalkhaltige Böden und genau die findet er hier. 70 Prozent der lothringischen Böden sind Kalkböden. Und zwei Arten Trüffel fühlen sich hier besonders wohl: der tuber uncinatum (den am weitesten verbreiteten Trüffel, auch „lothringischer Trüffel“ genannt) und der tuber mesentericum (sehr selten und sehr begehrt; man nennt ihn auch „Maas-Trüffel“).

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Im Gegensatz zu den meisten anderen in Frankreich vorkommenden Trüffeln handelt es sich dabei um herbstliche Trüffelsorten, denn in den Wintermonaten, von Dezember bis Januar, sind die Böden gefroren und es ist keine Ernte mehr möglich. Ein weiterer Unterschied zu den Verwandten aus dem Périgord: Die lothringischen Trüffel sind so genannte Schattentrüffel. Sie gedeihen nicht im Wurzelwerk von Eichen, sondern unter Haselnusssträuchern, die schnell wachsen und viel Schatten produzieren.

Trüffel werden in Lothringen seit der Gründung eines Verbands lothringischer Trüffelproduzenten, des Departements Meuse (Association meusienne des planteurs et promoteurs de la truffe en Lorraine), in Plantagen kultiviert.

Ein grosser Markt mit frischen Trüffeln

Der Trüffelmarkt ist zu einer nationalen Referenz in Frankreich geworden, nicht nur was die Quantität angeht, sondern auch die Qualität der angebotenen Trüffel. Die frischen Trüffel werden direkt vom Produzenten an den Verbraucher weiterverkauft, ohne Zwischenhändler.

Jeder Trüffel wird von „Kommissaren“ kontrolliert, zwecks Reifegrad und Qualität. In jedem verkauften Trüffel steckt daher das Engagement der anwesenden Trüffelverkäufer. Pulnoy ist so zum wichtigsten Markt Frankreichs im grossen Nord-Osten geworden.

Die Besucher kommen aus der Normandie, aus Paris, aus dem Drôme, aus allen östlichen Provinzen, aber auch aus Deutschland, Belgien, Luxembourg, der Schweiz und noch viel weiter her, um diese gute „Trüffelluft“ einzusaugen, die über diesem Qualitätsmarkt schwebt.

Was ist Trüffel eigentlich?

Der Trüffel ist ein Pilz. Der Teil, den man sammelt und den man landläufig Trüffel nennt, ist der Fruchtkörper dieses Pilzes. Der Trüffel lebt im Boden in Verbindung mit einer Wirtspflanze: Man spricht von Symbiose. Der Trüffel durchzieht mit seinen zahlreichen, sehr feinen Fäden den Boden und nimmt dort Wasser und Mineralsalze auf, die er an die Pflanze weitergibt.

Die Pflanze liefert dem Pilz im Gegenzug dazu durch Photosynthese gebildeten Zucker. Der Ort des Austausches zwischen den beiden Pflanzen ist ein gemeinsames Organ namens Mykorrhiza.

Alljährliche Vermehrung: Die Vermehrung des Trüffels ist ein einjähriger Zyklus. Die geschlechtliche Vermehrung spielt sich im Frühjahr ab. Das Wachstum und die Entwicklung des Trüffels erfolgen den ganzen Sommer und Herbst bis zur Reife des Sporokarps (gesammelter Fruchtkörper). Im Lauf dieses Zyklus wechseln sich verschiedene Phasen von Wachstum und Reifung ab.

Alle Antworten auf die Fragen der Besucher von Spezialisten

Dieser herbstliche Trüffelmarkt wird von Branchenspezialisten animiert. Der Besucher findet alles Wissenswerte über den Trüffel: Stände mit wissenschaftlichen und technischen Informationen, Konferenzen offen für das Publikum, Trüffelanbauer, Köche, Vorführungen für die Suche mit dem Hund, eine Trüffel-Tombola und Degustationen.

Viele interessierten sich, ob man im heimischen Garten selbst eine Trüffelanlage aufziehen könne. Und wo man die entsprechenden Bäumchen dazu erwerben kann.
Gourmandisen von hoher Qualität zu vernünftigen Preisen waren erhältlich. Ca. fünfzig ausstellende Produzenten waren ebenfalls anwesend und boten den Besuchern gastronomische Produkte von grosser Auswahl. Wer mochte, konnte sich einen Gourmetteller zu 20€ zusammenstellen lassen. Der Eintritt zu dieser Messe war frei.

Die Cavage

Ein Highlight ist für den Trüffelliebhaber mit Sicherheit die „cavage“. Das Aufspüren des Trüffels mit dem Hund. Es gibt wilde Trüffelanlagen wo diese noch spontan wachsen sowie von Menschenhand angelegte.

Um eine Trüffelanlage zu pflanzen werden zunächst Eicheln gesammelt. Diese werden zum Keimen gebracht. Wenn das zarte Pflänzchen eine bestimmte Grösse erlangt hat, kann es in einer ganz bestimmten Erdmischung in Töpfe gepflanzt werden. Dazu werden kontrollierte und verifizierte Trüffel püriert, mit Erde und weiteren Komponenten angereichert, damit sich die Pilzsporen später an die Eichenwurzeln heften.

Die Pflanze wird für ein Jahr in ein Gewächshaus gestellt, bei einer bestimmten Temperatur. Danach wird der Boden für die Aufnahme entsprechend vorbereitet, von Unkraut befreit, alles an einem sonnigen Ort. Die wohl wichtigste Voraussetzung für Trüffelplantagen ist der geeignete Boden.

Am wichtigsten ist es hierbei, dass dieser nicht zu sauer, sondern alkalisch, also kalkreich, ist. Der Boden sollte möglichst gut belüftet und entwässert sein. Staunasse Böden sind für eine Trüffelplantage nicht geeignet. Ein Standort in Hanglage ist daher optimal.

Steinige, nährstoffarme Äcker und die Hanglagen sind für die konventionelle Landwirtschaft häufig minderwertig und oft schwierig zu bewirtschaften. Doch für den Trüffelanbau haben diese Eigenschaften sogar einige positive Auswirkungen: Die Steine stellen einen hervorragenden Kalkspeicher dar.

Die Bäume benötigen eine ständige Pflege. Das heisst sie müssen ausgeschnitten werden, damit die Sonne auf die Wurzeln treffen kann. Ein Anzeichen dafür, dass Trüffel ansetzen, ist eine grosse Trockenheit um den Baum herum. Nach ungefähr 12-15 Jahren Wartezeit kann mit den ersten Erträgen gerechnet werden.

Der Trüffelhund

Das Aufspüren von Trüffeln wird heute kaum noch mit Schweinen durchgeführt. Auch mittels Trüffelfliegen an das kostbare Gut zu gelangen ist eher unproduktiv. Nicht nur der Mensch interessiert sich für Trüffel. Einige Fliegenarten suchen die reifen Trüffel, um dort ihre Eier zu legen. So können sich die Larven nach dem Schlüpfen vom reifen Trüffel ernähren. Das Vorhandensein dieser Fliegen kann im Verlauf der Reifesaison auch ein Zeichen dafür sein, dass Trüffel in der Nähe zu finden sind.

Also kam man auf den Trüffelhund. Aber diese werden nicht einfach so geboren. Denn grundsätzlich sind alle Rassen für die Trüffelsuche geeignet; der ausgeprägte Geruchssinn qualifiziert als optimalen Partner für die Suche. Weit über 200 Millionen Riechzellen befinden sich auf der Nasenschleimhaut des Hundes. Der Trüffelhund ist in der Lage, den unterirdisch wachsenden Trüffelfruchtkörper genau zu orten.

Das Hundegehirn kann sich tausende von unterschiedlichen Gerüchen merken und wie eine Datenbank abspeichern, abrufen und erneut zuordnen: ein Hochleistungscomputer. Seit Jahrhunderten hat sich jedoch unter allen Hunderassen einer für die Trüffelsuche besonders bewährt: der Lagotto Romagnolo.

Geschichte

Der Lagotto Romagnolo gilt als der ideale Trüffelhund
Der Lagotto Romagnolo gilt als der ideale Trüffelhund

Der Lagotto Romagnolo war ursprünglich eine Wasserapportierrasse. Schon im 15. Jahrhundert taucht auf Gemälden von Andrea Mantegna ein Hund auf, der dem Lagotto sehr ähnlich sieht.

Im 16. Jahrhundert wird von kleinen, gelockten Hunden in den Sumpfgebieten von Comacchio und der Romagna berichtet, die das Wild aus dem Wasser apportierten. Selbst im Winter, wenn das Wasser von einer dünnen Eisschicht bedeckt wurde, schwamm der Lagotto meist stundenlang im Wasser und apportierte Blässhühner. Das dichte Fell schütze ihn dabei vor dem eiskalten Wasser.

Nach der Trockenlegung der Sümpfe wurde der Lagotto auf die Trüffelsuche spezialisiert. Durch seine gute Nase, seinen Körperbau und die Fellstruktur war und ist er prädestiniert für die Trüffelsuche im dichten Unterholz.

Im Jahre 1995 wurde der Lagotto Romagnolo vom F.C.I. vorläufig als Rasse anerkannt. Inzwischen hat sich der Lagotto in Europa weit verbreitet, selbst in Amerika gibt es ihn mittlerweile.

Verhalten und Charakter

Der Lagotto ist intelligent, arbeitseifrig und sehr auf seinen Führer bezogen. Dadurch ist er sehr „leicht“ auszubilden. Bei der Arbeit ist er auch durch Wildgeruch nicht abzulenken, was ihn bei der Trüffelsuche so effektiv macht.

Wer also dem Trüffeldiamanten auf die Spur kommen möchte, muss gar nicht so weit reisen. Und kommt umso reicher zurück: entweder mit Wissen oder gar ein paar Gramm Trüffel.

von Bettina Wieland

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