Trauben sind beileibe nicht der einzige Rohstoff, um hochwertige Essensbegleiter zu keltern: Die Anerkennung des Apfelweines als Gourmetprodukt ist in vollem Gange. Kenner behaupten sogar, dass die Zukunft dem prickelnden, schäumenden oder stillen Kernobst-Derivat gehört. Und Sommeliers wissen, dass Cidre & Co. oft ebenso gut als Speisenbegleiter taugen wie ihre entfernten Verwandten aus den Früchten der Weinrebe.
In der Normandie war immer schon alles anders. Zum Beispiel in jenem Zwei-Sterne-Restaurant in Caen. Bereits vor 25 Jahren standen auf dessen Weinkarte neben Rotem aus dem Bordelais und Weissem von der Loire einige nicht aus Trauben produzierte Weine. Und niemand wurde schief angeschaut, nur weil er es wagte, zum Essen eine Flasche Cidre zu bestellen und auf Sancerre oder Médoc zu verzichten.
Auf einen Blick: Fünf Adressen für ganz besondere Apfelweine
Der Autor dieses Artikels hat es selbst getan. Doch was im Norden Frankreichs, seit jeher von seiner Apfelweinkultur geprägt, selbstverständlich war, wurde in anderen Teilen des Kontinents lange als Sakrileg betrachtet. Vergorenes aus Äpfeln war allenfalls als Durstlöscher in Frankfurter Apfelweinkneipen akzeptiert, nicht aber in gehobenen, gar in feinsten Restaurants.
Neue Impulse
Zum Glück hat die Akzeptanz für die etwas anderen Flüssigkeiten zugenommen. „Da herrscht gerade eine wahre Aufbruchstimmung“, freut sich Bernd Neuner-Duttenhofer, Gourmetautor, Fernsehkoch und selbst Produzent hochwertiger Apfelweine.
„Einerseits werden leichtere, weniger alkoholische Getränke gesucht, die als Speisebegleiter fungieren können, und andererseits erlebt der Apfel eine neue Wertschätzung.“ In seinem baden-württembergischen Apfelgut beweist Duttenhofer zusammen mit Partnerin Martina Meuth, wie finessenreich ein aus Cox Orange, Boskop oder Berlepsch gekelterter Wein schmecken kann, und dass auch mit weniger bekannten Sorten wie Champagner-Reinette oder Glockenapfel viel zu machen ist.
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Sofern man sauber arbeitet und die vom normalen Wein längst erarbeiteten Qualitätsprinzipien walten lässt. „Der simple Äppelwoi mit seinem bäuerlich-derben Charakter wird durch hochwertige, blitzsauber vergorene Weine verdrängt“, schwärmt Neuner-Duttenhofer, „gute Cidre fermier und auch feine österreichische Apfelweine ergänzen die Palette deutscher Spitzenprodukte“.
Fruchtige Vielfalt

Tatsächlich ist die internationale Vielfalt beim Apfelwein verblüffend. Zahlreiche Sorten, regionale Traditionen und spezielle Techniken lassen eine Fülle an geschmacklich höchst unterschiedlichen Weinen entstehen. Da wäre der mehr oder weniger durchgegorene, eher herb schmeckende Apfelwein – mit seiner Kombination aus kräftiger Würze und rescher Säure eher etwas für Kenner.
Im Duttenhoferschen Apfelgut wird die Jahrgangsspezialität sogar mit leichter, die Frucht unterstützender Barriquenote ausgeliefert. Am anderen Ende des Spektrums finden sich die zarten, im Druckverfahren ausgebauten Sorten: frische, duftige Weine, welche die natürliche Kohlensäure behalten und wenig Alkohol (oft nur ein bis drei Prozent) mit fruchtiger Süsse verbinden.
Die für ihren Apfelwein bekannte schwäbische Manufaktur Jörg Geiger hat solche Apéro- und Sommer-Köstlichkeiten im Angebot, bietet aber sogar kraftvollen HolzApfel mit 12 Volumenprozent und dem Potenzial für lange Lagerung an. Finesse besitzen auch die Cidres aus der Normandie und der benachbarten Bretagne – jedenfalls dann, wenn sie von erstklassigen Erzeugern stammen.
Quereinsteiger Eric Bordelet war einer der ersten Erzeuger, der seine in schicke Flaschen gefüllte Cuvées aus Apfelsorten wie Douce Coet Ligné oder Petit Moussette auf den Weinkarten der Spitzengastronomie platzieren konnte – ausserhalb von Caen und Rennes!
Zu Fisch mit fruchtigen Saucen und Beilagen, zu manchen Weich- und Ziegenkäsesorten, zu Leberpastete und Desserts gibt es, wie auch deutsche oder Schweizer Sommeliers wissen, oft keine bessere Lösung als Bordelets mineralische Terroir-Cidres von Granit- oder Schieferböden oder vergleichbar gute Apfelweine. Für Feinschmecker, die an klassische Trinksitten gewohnt sind, eine echte Umstellung.
Schaum und Eis
Umstellen müssen sich auch Fleischesser – vor allem dann, wenn die Apfel-Winzer Äpfel oder Birnen mit dunklen Früchten kombinieren. Ein kleiner Teil Kirschsaft oder Cassis im Apfelwein muss nicht unter Panscherei fallen, sondern kann jene Würze liefern, die ihn als Begleiter von Wildgerichten oder Rindfleisch prädestiniert.
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Und wer Schäumendes mag, nicht nur sanft Prickelndes, greift zum Apfelschaumwein, der nicht anders hergestellt wurde als Champagner und oft Ewigkeiten auf der Hefe Form annahm. Sogar echte Süssweine aus Äpfeln und Birnen sind auf dem Markt.
Kanadischer Apple Ice Wine oder die ebenfalls mittels Kryoextraktion gewonnenen, in schicke Spezialflaschen abgefüllten Spezialitäten der dänischen Cold Hand Winery. Wer so was mal probiert hat, wird nicht so leicht zum Sauternes zurückkehren.
Auf einen Blick: Fünf Adressen für ganz besondere Apfelweine
Duttenhofersches Apfelgut, www.apfelgut.de
Strickhof, www.strickhof.ch
Manufaktur Jörg Geiger, www.manufaktur-joerg-geiger.de
Eric Bordelet, www.ericbordelet.com
Cold Hand Winery, www.coldhandwinery.dk