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Claus-Peter Lumpp – Der Dirigent der Haute Cuisine

Claus-Peter Lumpp – Der Dirigent der Haute Cuisine
Copyright Hotel Bareiss

Er ist einer, der es wahrlich versteht Kunstwerke auf dem Teller zu erschaffen. Einer, der auf dem Teller komponiert, kreiert und philosophiert. Wer jemals einen echten Claus-Peter Lumpp genossen hat, der weiss: Der Drei-Sterne-Koch ist einer der ganz grossen Künstler unserer Zeit.

„Ich bin nur der Dirigent, mein Team das Orchester und gemeinsam versuchen wir die Noten für unsere Gäste perfekt und harmonisch klingen zu lassen.“

Im nördlichen Schwarzwald, nicht weit entfernt vom Elsass, gibt es einen Ort, der für Connaisseure ein Mekka ist. Eine Art Santiago de Compostela für Feinschmecker. Wer von hier keinen Stempel in seinem Genuss-Pass hat, wird nie als wahrer Gourmet akzeptiert werden. Dieser Ort, der mit drei Spitzenrestaurants insgesamt acht der begehrten Genuss-Himmelskörper beherbergt, ist Baiersbronn.

Hier, versteckt zwischen den dichten, dunkelgrünen Tannenwäldern muss es wohl 2007 einen lauten Plumps gegeben haben als Claus-Peter Lumpp den dritten Michelin-Stern erhielt und ihm ein Stein vom Herzen fiel. Schliesslich war er bereits zweimal zuvor für die höchste Auszeichnung nominiert. Doch es war nur ein Frage der Zeit, bis er die höchste aller Anerkennungen sein Eigen nennen durfte.

Schliesslich ist Claus-Peter Lumpp ein wahrer Meister am Herd, ein grosser Künstler. Ähnlich wie die Komponisten Mozart oder Wagner, Architekten wie Leonardo da Vinci oder Gaudí, oder Maler wie van Gogh oder Monet kreiert er zeitgenössische, einzigartige Kunst. Zwar eine Kunst, die vergänglich ist, aber dafür wieder erschaffen werden kann, die dem Wandel unterliegt – und auch dem Druck kreativer, individueller und spannender zu sein als andere. Es ist ein Mikrokosmos, in dem Claus-Peter Lumpp es vermag, all diese eben erwähnten Weltkünste in sich zu vereinen: Der drei Sterne-Koch komponiert kulinarische Kreationen in harmonischen und aufregend klaren Texturen. Er malt Bilder, sowohl auf dem Teller als auch in der Geschmacksfantasie und erschafft architektonische Kunstwerke, die man geniessen und gleichzeitig für immer bewahren möchte.

Eines ist dabei sicher: Wenn man einen Gang im Gourmetrestaurant Bareiss bestellt – bekommt man einen echten Claus-Peter Lumpp. Ein Geschmacksunikat, das dem Gaumen für immer in Erinnerung bleibt.

Stille Wasser sind tief

„Wenn ein Gast bei mir nur ein Gericht bestellt, will ich, dass er dennoch ein Erlebnis mit nach Hause nimmt.“

Wie so mancher Künstler, scheut der 50-Jährige (2014) die grosse Öffentlichkeit. Claus-Peter Lumpp ist ein ruhiger, gradliniger Mann, der eine gute Bodenhaftung und ein Händchen für grosse Kochkunst hat. Und trotz aller kulinarischer Grösse liegt ihm eines besonders am Herzen – sein Team. „Ohne meine Mannschaft, sei es in der Küche als auch im Service, wäre ich nichts. Das wird leider allzu oft vergessen. Ich bin nur der Dirigent, mein Team das Orchester und gemeinsam versuchen wir die Noten für unsere Gäste perfekt und harmonisch klingen zu lassen.“

Ehrliche und offene Worte die noch einmal mehr zur Gewissheit machen: Wer ihn besucht, isst bei einem der wirklich Grossen unserer Zeit. Dabei schafft Lumpp es spielerisch leicht (zumindest wirkt es nach aussen so) Individualität auf den Teller zu bannen, die zwar die französische Küche als Basis trägt, aber vom Vertrauen in die Qualität der eigenen Ideen und dem Mut zu Kreativität, Klarheit und Gespür zeugt.

Es scheint fast, als habe er ein Geheimnis entdeckt. Das Geheimnis der formvollendeten Verbindung der Geschmackskomponenten. Wie ein Maler, der die Farben mischt oder ein Komponist, der bewusst die einzelnen Noten einer Melodie bestimmt. Was am Ende bleibt ist die Liaison aus gelassener Harmonie, die zudem frisch und spannend ist.

Wenn man jedoch versucht, sein Geheimnis der perfekten Geschmackstextur zu lüften, dann antwortet er sachlich: „Letztlich muss man alles einfach probieren. Wenn von fünf Zutaten nur drei zu schmecken sind, was ist dann mit den anderen beiden passiert? Entweder man entfernt die zwei oder hebt sie hervor!“

Was so einfach klingt, ist die Erfahrung von mehr als 30 Jahren hinter dem Herd. So lange kocht der erfahrene Sternekoch bereits. Die meiste Zeit davon im tiefsten Nordschwarzwald. Hier im familiengeführten Luxushotel Bareiss verzückt er seine Anhänger mit Kreationen wie dem Dreierlei vom Rind. „Wenn ein Gast bei mir nur ein Gericht bestellt, will ich, dass er dennoch ein Erlebnis mit nach Hause nimmt.“ Und so wird aus einem einzigen Gang ein Drei-Teller-Event aus Rinderfilettartar mit Parmesan und Kräutern, Carpaccio-Röllchen mit Pesto und eine Ochsenschwanzessenz.

Bei Lumpp dreht sich alles um die Sache an sich – nichts ist verkünstelt oder verpackt und in seiner Bodenständigkeit erfrischend anders und aufregend. Auch die bretonische Rotbarbe im Pulposud mit Meeresfrüchten, Fenchel und Crostini ist zwar eine Anlehnung an eine Bouillabaisse mit Safran und Kartoffel Rouille – doch ganz klar ein Geschmacksgemälde von Lumpp. Man spürt den Schwaben, der im Mund zusammenfügt, was zusammen gehört und ein bleibendes Erlebnis schafft. „So sagen wir ja auch – Ma hat a Gosch voll“, kokettiert der Sternekoch mit seiner Herkunft grinsend.

Jeder einzelne Biss ist ein andächtiges Gebet

„Für mich sind ausschliesslich der Geschmack und die Qualität des Produktes wichtig.“

Es ist Mittagszeit im Bareiss – und hier ist Gourmetküche keine reine Abendveranstaltung. Das Restaurant ist voll. Einen Platz bei Claus-Peter Lumpp zu bekommen, ist wahrlich eine Planungssache. Schließlich will jeder das Raffinement des Kochs schmecken, das er vom ersten Begrüssungshäppchen bis zur Abschluss-Praline hält. Modische Mätzchen und übertriebene Schäumchen sucht man dabei vergeblich. „Brauche ich die etwa?“, fragt Lumpp nur provokant und die Antwort ist klar: Nein. „Für mich sind ausschliesslich der Geschmack und die Qualität des Produktes wichtig.“ Er serviert einen marinierten Königsbarsch, schlicht, drei Komponenten – ein andächtiger Moment, in dem man weiss, dass man diesen Bissen puren Genusses nie wieder vergessen wird.

Dies ist wie ein roter Faden, der sich durch das gesamte Menü zieht. Jeder Gang, ist die entscheidende Note einer Melodie, die sich zum Gipfel steigert und dennoch ein einzelner Solitär, der allein eine unglaubliche Aussagekraft besitzt: Sautierte Langustinos mit schwarzem, fein säuerlichem Risotto, Koriander, rosa Pfeffer und Mango. Surprême von der Bresse Poularde mit Frühlingsmorcheln und Sherry dazu ein kräftiges Kartoffelragout. Gebratener Milchlammrücken mit Artischocken-Fondue und knusprigen Oliven. Dazu eine klassische Bratensauce. Und schlussendlich das Dessert, das in unterschiedlichen Konsistenzen auf vier Tellern Rhabarber und Mascarpone vereint. Man möchte nur weiterschmecken, spüren, fühlen und riechen und dabei der Vollendung der Melodie lauschen.

„Wir verwenden nur die edelsten Produkte. Aber das ist noch keine Kochkunst“, weiss der Küchenmeister. „Egal, ob Saibling oder Lachs – entscheidend ist die Kunst. Auch Kaviar allein ist unspektakulär. Erst die richtige Kombination macht ihn zum Erlebnis.“ Die Regionalität in der Küche bei Lumpp bezieht sich auf die Produkte. Auch ein schwäbisches Lamm kann im Schwarzwald orientalisch schmecken. „Das ist bei mir stimmungsbedingt.“

Eine Frage der Werte und der Philosophie

Dass er dennoch für eine Minorität kocht, ist Lumpp bewusst. „So ist einfach das Rad der Zeit. Es heisst zwar: ‚Man ist, was man isst’ – aber heutzutage ist das leider zu einer schweren Entscheidung geworden. Wir haben Metzger und Discounter. Das eine ist ein Grundernährungszweck, das andere sind Geniesser, die lieber einmal weniger Fleisch essen und dafür hochkarätiger. Geniesser sind zwar in der Minderheit – aber eine Minderheit, die auch etwas bewegen kann.“ Und eine, die immer ein zu Hause bei ihm haben wird. Denn Kochen auf höchstem Niveau und mit den besten Zutaten ist seine Leidenschaft, die im durchaus auch Spass macht. „Naja“, meint Lumpp, „im Grunde ist es deutlich mehr als simpler Spass, viel mehr macht es eine riesige Freude.“

Wenn dann, am Ende des Menüs, der letzte Biss auf der Zunge verschwunden und in der Erinnerung gespeichert wird – nimmt man ein ganz neues Verständnis von Kunst mit nach Hause und fragt sich ganz still, wo ein Mann, der anderen solche Geschmackserlebnisse bescheren kann, selbst gerne mal essen würde. „Bei Mario Adorf“, sagt der grosse Lumpp, der Drei-Sternekoch – der Genussmensch. „Der ist ein ganz grosser Künstler unserer Zeit.“

Mehr unter www.bareiss.com

Über die Autorin

Es gibt sie ganz selten. Doch Anja Hanke hat das grosse Glück zu ihnen zu gehören: Den Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten.

Sie liebt gutes Essen, handgefertigte Weine, erlesene Produkte und diese Verbindung an den verschiedensten Orten dieser Welt einzufangen – und für ihre Leser genussvoll aufzubereiten.

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