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Hannes Müller – Querdenken als Lebensphilosophie

Hannes Müller – Querdenken als Lebensphilosophie
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Heimat ist für Hannes Müller mehr als nur ein Ort. Es ist für ihn Bestimmung, Zuflucht, Lebensphilosophie – und kulinarische Botschaft zugleich. Wie herrlich authentisch und aufregend anders dies schmeckt, zeigt er im familiengeführten Viersternelandgenusshotel Die Forelle am Kärntner Weissensee.

Die Wurzel ist eines der drei Grundorgane, die eine Pflanze zum Überleben braucht. Erst, wenn sie weit verästelt und tief ins Erdreich vorgedrungen ist, kann beispielsweise ein Baum stark, gross und alt werden. Auch der Mensch braucht seine Wurzeln. „Sie sind immer das Wichtigste! Bei allem, was man macht“, weiss Hannes Müller. „Sie geben einem das Leben vor.“

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Die Wurzeln des kreativen Haubenkochs könnten beschaulicher und erdverbundener nicht sein. Sie liegen am türkis-grün schimmernden Weissensee in einem nebelfreien Sonnenhochtal. Ein Ort, so unberührt und verwunschen, dass er fast von der Welt entrückt erscheint. Wohltuend ruhig ist es hier zwischen den Gebirgszügen, die weit genug entfernt liegen, um Blick und Geist Raum zu lassen. Die Grillen zirpen im Schilf und am blauen Himmel thronen adrette Wölkchen.

Regionale Produkte treffen auf kreative Ehrlichkeit

Seeforelle trifft Rettich - alles aus der Region
Seeforelle trifft Rettich – alles aus der Region

Hier kocht der 38-Jährige im Familienhotel Die Forelle eine Küche, die genau diese Grundstimmung einfängt.

Denn schon lange bevor das Wort „Regionalität“ die Speisekarten der Restaurants beflügelte und strategisch wertvoll wurde, war für ihn eines klar: „Ich muss nicht meinen, hier eine gehobene Küche zu bieten, die alle Produkte – vom Hummer bis zum Trüffel – vereint. Das wäre der falsche Weg. Gehobene Küche kann genauso gut mit günstigsten Grundnahrungsmitteln hergestellt werden.“

Dabei liege die Wichtigkeit nicht auf dem Wareneinsatz, sondern auf der Qualität der Lebensmittel. In ihren Wurzeln eben. „Dort entsteht etwas ganz Besonderes, das unverfälscht auf den Teller gebracht werden sollte. Die Aromen, wie sie von der Natur her sind.“

Und so regieren in seiner Küche die Jahreszeiten und die Region. „Je näher, je besser“, lautet seine Devise. Bei der Produktauswahl stehen Weissensee und die umliegenden Täler an erster Stelle; dann schaut sich der passionierte Koch in Kärnten und danach in ganz Österreich um.

Wichtig bei so einer klaren Küchenphilosophie sind vor allem auch die Produzenten. Diese sind bei Hannes Müller nicht nur handverlesen, sondern meist ebensolche querdenkenden Leidenschaftstäter wie der Koch selbst. „Ich will auf den Teller bringen, was typisch für uns ist“, sagt er schlicht. „Alles andere wäre unauthentisch und verlogen.“

Seine mit zwei Hauben ausgezeichnete Küche ist eine, die eben ehrlich ist, Spass macht und „mir selber schmeckt“, räumt er schmunzelnd ein. Und sie eint voller Stolz all jene, die den Weg mit Hannes Müller gehen. So beginnt das Menü mit Butter und Topfen, zu dem das selbstgebackene Brot seiner Mutter Erika gereicht wird.

Bachmanns’ Rettich – vom Gemüsebauern Stefan Bachmann aus dem nahegelegenen Gailtal – trifft auf Forelle, Zitronenmayonnaise und Getreideschrot, der Wildfang Hecht vom Weissenseer Fischer Martin Müller auf Ofenkartoffel, Ampfer und Bergamotte und die Buttermilch vom Biohof Jakober im Dessert auf Gailtaler Kürbis und eine Haube aus Salz-Karamell.

Wenn es die Saison erlaubt, aromatisieren reichlich Wildkräuter und Blüten die Gerichte. Diese sammelt der Hausherr bei seinen täglichen Streifzügen in der Natur am liebsten selbst. „Das ist ja das Schöne: Im Prinzip haben wir alles ums Haus herum.“ Denn neben dem Kräutergarten bieten die ungedüngten Flächen der eigenen Landwirtschaft Wildkräuter in Hülle und Fülle.

Die Vision von der Eigenständigkeit

Küchenchef Hannes Müller bei der Arbeit
Küchenchef Hannes Müller bei der Arbeit

Ob dieser fokussierte Weg bewusst gewählt oder einfach passiert ist? „Beides“, räumt Hannes Müller ein. Klar war für den Naturliebhaber, der sich gern täglich mit dem Mountainbike in die Kärntner Bergwelt aufmacht, immer eines: „Ich gehöre daher!“

In den Familienbetrieb – der 1975 als Frühstückspension eröffnete – hineingeboren, machte er sich nie wirklich Gedanken, was er sonst noch hätte beruflich machen können.

„Erstens bin ich ein totales Landei und gern daheim, ausserdem habe ich einiges von der Welt gesehen. Es gibt keinen schöneren Platz zum Leben für mich.“

Hannes Müller absolvierte die Hotelfachschule in Villach, ehe er sein Handwerk u.a. bei Reinhard Gerer im „Corso“ in Wien und im „Goldenen Hirsch“ in Salzburg perfektionierte. Danach ging es nach Amerika ins „Sun Valley“. „Eine coole Zeit, die ich nicht missen möchte“, reflektiert er das Erlebte.

2002 kehrte er mit seiner Frau Monika in den Familienbetrieb zurück „und von da an entwickelte sich unsere Linie Stück für Stück.“ Mittlerweile haben die beiden nicht nur ihre Leidenschaft gefunden, sondern auch sich selbst in ihrem täglichen Schaffen. „Verändern wollen wir uns nicht mehr, aber in der Qualität weiter reifen.“

Ruhe, Natur, Kulinarik, Genuss und Geniesserhotel. „Diese Themen greifen schlicht und einfach perfekt ineinander“, ist sich der dreifache Papa sicher. Dazu stösst ein weiteres Thema, das im Viersternelandgenusshotel Die Forelle konsequent und ganz selbstverständlich integriert und gelebt wird: Nachhaltigkeit.

Der Strom wird zu 100 Prozent selbst erzeugt, die Heizung mit Hackschnitzeln aus der Region betrieben und abends in der Küche auf einem alten Holzofen – „meinem Herzstück“ – gekocht. Doch damit nicht genug. Denn auch wenn Hannes Müller bei sich, seinem Leben und in seiner Küchenlinie angekommen ist, in Stillstand mag und kann er nicht verfallen.

Sein Plan für die Zukunft: Immer autarker werden. „Unsere Landwirtschaft bietet viele Flächen und einen Stall. Im nächsten Schritt möchten wir gern Lämmer züchten und in die Eigenfleischproduktion gehen. Auch der eigene Gemüseanbau steht auf dem Plan. Das muss alles kommen!“

Selbstversorgung ist selbstverständlich

Warum? „Weil ich denke, dass so viel verkehrt läuft. Wenn ich mich so in der Welt umschaue, frage ich mich nicht selten, ob noch alle ganz dicht sind?!“ Damit spricht er nicht auf die Wirtschaft oder die Politik an. „Davon verstehe ich nichts.“ Doch von Essen, Lebensmittelherstellung und der Umgang mit ihnen.

Ist Hannes Müller ein Querulant, ein Alternativer? Nein. Gesellschaftskritisch? Ja! Aber auch nur, weil er sich so simple Fragen stellt, wie: „Warum ist heute unnormal, was früher normal war?“ Denn schliesslich sind seine Überlegungen, was die Ernährung, die Auswahl der Lebensmittel und die grösstmögliche Selbstversorgung betrifft, nur das, was früher ganz selbstverständlich war.

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„Wenn du heute einen Apfelbaum im Garten pflanzt, bist du schon ein Revoluzzer“, bringt er es grinsend und überspitzt auf den Punkt. Einen tief verwurzelten Apfelbaum hat er tatsächlich – und starke eigene Wurzeln ebenfalls. „Ich hatte ein tolles Elternhaus und jetzt eine tolle eigene Familie. Das ist brutal wichtig – und trägt dich durchs Leben.“

Weitere Informationen unter:
www.forellemueller.at

Über die Autorin

Es gibt sie ganz selten. Doch Anja Hanke hat das grosse Glück zu ihnen zu gehören: Den Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten.

Sie liebt gutes Essen, handgefertigte Weine, erlesene Produkte und diese Verbindung an den verschiedensten Orten dieser Welt einzufangen – und für ihre Leser genussvoll aufzubereiten.

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