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Essig und Schnaps – das Beste ist gerade genug

Essig und Schnaps – das Beste ist gerade genug
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Visionäre sind Menschen, die die Kraft und den Mut haben, ihre Träume wahrzumachen. Zu ihnen zählt Alois Gölles. In der Oststeiermark produziert der 55-Jährige edelste Brände und feinste Essige, die für kreative Abwechslung in der Küche sorgen.

„Es ist jedes Mal aufregend für mich“, meint Alois Gölles begeistert, als er über den Prozess des Essigmachens spricht. „Wenn sich die süsse Frucht in feine Säure verwandelt – das hat für mich immer noch etwas Geheimnisvolles.“ Und das, obwohl er seit fast 30 Jahren dieses Geheimnis begleitet.

Es scheint ein Wink des Schicksals gewesen zu sein, als sein Vater 1958 die ersten Obstbäume auf der heimischen Landwirtschaft anpflanzte. Schon früh faszinierte das edle Streuobst den jungen Alois Gölles. So sehr, dass er nach der Schule seinen Werdegang darauf ausrichtete. Zunächst arbeitet er in der Fruchtsaftproduktion und machte verschiedene „fruchtige“ Praktika. Eines davon legte den Grundstein für eine seiner beiden grossen Lieben: dem Essigmachen.

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„Anfang der 80er Jahre machte ich ein Praktikum in Modena und lernte dort den Aceto Balsamico Tradizionale kennen und das Verfahren, wie er hergestellt wird.“ Die Süsse und die magenschonende Milde des cremigen Balsams faszinierten den damals 23-Jährigen. Zurück in der Steiermark liess ihn der Gedanke nicht mehr los. 1984 setzte er dann seinen ersten eigenen Balsamessig an. Aber nicht aus Weintrauben wie beim Original, sondern aus Äpfeln.

Damit nahm eine faszinierende Geschichte ihren Lauf. Während der Apfelbalsam fast zehn Jahre lang in Holzfässern bis zu seiner Vollendung reifte, tüftelte der Essigmeister Gölles weiter an seinem Repertoire. Bis Ende der 90er Jahre entwickelte er die Linie der klassischen Essige – verschiedene Weinessige sowie ein Apfel- und ein Mostessig. Bis 1994 kamen die Kreativ-Essige hinzu. Essige, deren namensgebende Frucht als natürlicher Geschmacksgeber in intensiven, vielseitigen und köstlichen Essigvarianten zum Tragen kommen.

Der Duft edler Fruchtaromen

Williamsbirnen: Nur die besten sind Alois Gölles gerade gut genug
Williamsbirnen: Nur die besten sind Alois Gölles gerade gut genug

Doch dabei allein liess es Alois Gölles nicht bewenden: Lange bevor er die milde, köstliche Säure des Obstes entdeckte, faszinierten ihn die fruchtigen Aromen in flüchtiger Form.

Im Rahmen des familiären Obstanbaus war das Brennen von 50 Liter Alkohol jährlich erlaubt. „So begann ich mit unserem eigenen Obst – ganz nebenbei und ohne einen professionellen Zukunftsgedanken“, erzählt er.

Zwar war es üblich, dass fast jede Familie im Apfelland nach der Ernte einen Teil zu Brand verarbeitete, aber nicht mit so viel Feingefühl, Qualitätsanspruch und einer guten Nase wie es dem jungen Gölles bescheinigt wurde.

Seine Brände zeugten von so klarer Reinheit und aromatischer Frucht, dass sie bald die Gaumen der Kenner eroberten und Alois Gölles ein neues Kapitel in der Destillation aufschlug: die Geburtsstunde des steirischen Edelbrands.

Mit drei Sorten – Birne, Apfel und Zwetschke (auch: Zwetschge, eine Pflaumenart) – ging es los. Die Flasche noch schlicht und klar, das Etikett einfach. Doch der Inhalt bestach.

Zusammen mit seinen Essigen ein solides Fundament, dacht sich der Obst-Tüftler und gründete 1996 seine eigene Firma. Dass er damit ein kleines und sehr feines Imperium gründete, war ihm damals nicht bewusst. Mir ging es allein darum, Obst in unbegrenzten Mengen zu Brand verwandeln zu dürfen.“ Dies durfte ich nämlich mit der Firmengründung. Alte Obstsorten, wie Kriechl, Hirschbirne und der Maschansker-Apfel eignen sich zum Brennen am besten, weiss Alois Gölles dank seiner über 30-jährigen Erfahrung.

„Die modernen Sorten eignen sich nicht so gut für einen Brand. Die müssen viel zu lange ausreifen, fast schon überreift sein, damit sie Geschmack geben.“ Der Anteil des Obstzukaufs stammt von kleinen, ausgesuchten Bauern aus Österreich. „Das ist absolute Vertrauenssache!“

Der wichtigste Moment im Jahr

Der Schnapskeller: Hier reifen die Brände bis zur Perfektion
Der Schnapskeller: Hier reifen die Brände bis zur Perfektion

Im Herbst, wenn Erntezeit ist, geht es im Gölles-Reich rund. Bis zum späten Nachmittag wird dann das handverlesene Obst angeliefert, sofort weiterverarbeitet und die Früchte von den Steinen befreit. „Damit nichts das pure Aroma verfälschen kann“, weiss der Experte.

Dann wird das Fruchtfleisch für die Brände eingemaischt. „Sauberkeit und ständige Temperaturkontrolle sind bei diesem hochsensiblen Prozess oberstes Gebot.“ Jegliche Erwärmung kann den Verlust des Fruchtaromas bedeuten. Nun werden dem Fruchtbrei Hefen zugesetzt. Der Alkohol bildet sich.

Die Maische wird im traditionellen Doppelbrennverfahren in Kupferkesseln gebrannt. Das ist ein weiterer besonderer Moment in der Herstellung, denn 99,9 Prozent aller Destillate werden nur einfach gebrannt. Im ersten Brenndurchgang wird der Raubrand destilliert, der im zweiten Durchlauf zum Feinbrand veredelt wird.

Doch nicht alles, was als Destillat fliesst, ist auch für den Genuss bestimmt. Nur das Herzstück ist wirklich fein, mild und rein fruchtbetont. Der Brennmeister braucht jahrelange Erfahrung und ein sehr gutes Sensorium, um den Vor- und Nachlauf vom besten Teil abzutrennen.

Übrig bleibt ein reines Produkt: Nur aus dem eigenen Fruchtzucker des Obstes, ohne Aromazusätze oder Fremdalkohol. „Wir wollen echte, natürlich Sachen machen“, betont Alois Gölles – ein Reinheitsgebot, dass er sich als Mitglied der Vereinigung von Spitzenbrennern – „Quinta Essentia“ – auf die Fahne geschrieben hat. So braucht er für einen Liter Brand auch 10 Kilo Kirschen oder Zwetschken, 13 Kilo Birnen oder Äpfel oder unglaubliche 30 Kilo Vogel- oder Himbeeren. Die hellen Brände werden nun ein bis drei Jahre in Glasballons oder Edelstahltanks gelagert, die dunklen bis zu zehn Jahre in kleinen Fässern.

Erst dann haben sie ihre Mitte gefunden, sind rund und bereit mit destilliertem Wasser auf Trinkstärke von 45 Prozent Alkohol eingestellt zu werden. Das sind 5 Prozent mehr als üblich. „So haben die Brände mehr Kraft, Länge und Präsenz im Abgang.“

Nur das Beste ist ihm gut genug

Die gleiche strenge Qualitätsphilosophie teilen auch die Essige aus der Gölles-Manufaktur. „Wir leben einfach vom besten Obst“, weiss der Passionist. Eine schlichte Erkenntnis, die dazu führt, das Gute der Natur ebenso unverfälscht, rein und aromatisch in seinen Balsamen einzufangen.

Der Wandel von der Frucht zum säuerlichen Aromengeber ähnelt zunächst dem Prozess des Brennens: Die Früchte werden zunächst von den Kernen befreit und zu Saft gepresst. Auch hier erfolgt eine erste Gärung, bei der sich aus dem Fruchtzucker in einem heiklen Prozess Fruchtwein entwickelt.

„Wir arbeiten eben nur mit dem, was die reife Frucht uns gibt. Deswegen ist die Qualität des Obstes auch so wichtig.“ Denn auch hier gilt: „Zusätze kommen für uns nicht in Frage.“ Im nächsten Schritt werden dem Most spezielle Bakterien – die sogenannte Essigmutter – zugesetzt, die den Alkohol im Zusammenspiel mit Sauerstoff „auffrisst“ und in edle Essigsäure umwandelt.

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Jetzt folgt die zeitintensive Reifung. Die fruchtbetonten Essige – wie Himbeer, Tomate, Kirsche oder Marille – reifen in Edelstahltanks. Die klassischen Essige in gebrauchten Eichenfässern. Je nach Sorte und Charakter dauert dieser Prozess mehrere Jahre. Die Balsamessige, deren Most vor der Verwandlung zu Essig eingekocht wird – wobei ein süss-fruchtiges Konzentrat entsteht – lagern in den Eichenfässern sogar bis zu einer Dekade.

Dabei werden die Barriques nur zu drei Vierteln gefüllt und die Öffnung mit einem Tuch abgedeckt. So kann der Essig verdunsten. Im Lauf der Jahre wird dieser immer milder, weicher, runder, cremiger und bekömmlicher.

Sein Herz schlägt für sein Obst

Der grösste Essigkeller Österreichs
Der grösste Essigkeller Österreichs

„Ein diffiziler Prozess, dem mein Herz gehört“, meint Alois Gölles und blickt durch seinen grossen Essigkeller. Hier lagern circa 1.200 Eichenfässer; somit einer der grössten Barrique-Keller Österreichs. „Und das, obwohl ich gar kein Winzer bin“, schmunzelt er stolz.

Dennoch: Seine Essige kennen die Genussorte guter Weine, denn auch Sterneköche wie Hans Hass, Juan Amador und Andy Mayer nutzen die kreativen Geschmacksgeber in ihren Gerichten.

„Man kann mit Ihnen spielen“, meint Gölles. Meinen Liebling, den Quittenessig, nehme ich zum Beispiel gern anstatt Zitrone zum Fisch. Der Tomatenessig passt perfekt zu allem Mediterranen und der XA ist das geniale Tüpfelchen auf dem i!“

Dieser Balsamessig lagert bis zu 20 Jahren in den Fässern und wird so nicht nur noch konzentrierter und dickflüssiger, sondern er verliert fast jegliche Säure. „Balsam für die Kehle“, meint der Essigmeister stolz. Der Visionär, der den Traum vom ehrlichen Genuss wahr macht.

Weitere Informationen unter www.goelles.at.

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