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González Byass – Sherry auf die experimentelle Art

González Byass – Sherry auf die experimentelle Art
Copyright González Byass

González Byass ist nicht nur eine der grössten, sondern auch eine der bekanntesten und eine der neugierigsten Sherry-Bodegas. Mit dem Tio Pepe hat man hier zwar den alltagskompatiblen Klassiker des frischen und trockenen Sherrys entwickelt, bietet aber noch sehr viel mehr spannende Fino-Spezialitäten an.

Es ist Fluch und Segen zugleich, wenn man einen Bestseller im Programm hat. Der Tio Pepe ist Marktführer unter den Fino Sherrys weltweit, gilt als Klassiker der sogenannten Aperitif-Weine. Was González Byass für wenige Euro pro Flasche ins Regal stellt, in Millionenauflage, verdient ob seiner Qualität Bewunderung.

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Doch selbst grossartige Erfolgsgeschichten haben Kehrseiten, denn leider überstrahlt der Tio Pepe all die anderen Produkte der Familienbodega, deren Betriebsgelände mitten in Jerez einem eigenen Stadtteil gleicht, einem mit Strassen und Gebäuden, mit einer von Gustave Eiffel errichteten Prestige-Lagerhalle und Kelleranlagen, in denen unzählige Prominente bereits „ihr“ Fass signieren durften.

Zurück zu den Wurzeln

Dass alle Ehrengäste wahrgenommen haben, welche Fino-Spezialitäten González Byass jenseits des normalen Tio Pepe produziert, darf bezweifelt werden. Als Insidertipp geht nach wie vor der Tio Pepe Fino „en Rama“ durch, der pur, ungeschönt und unfiltriert vom Fass abgefüllte Wein, der als authentischer Einblick in die Vergangenheit gelten kann. „Der ist ein bisschen so, wie sich Fino Sherry früher präsentiert hat“, sagt Mauricio González-Gordon y López de Carrizosa, der Präsident von González Byass über den kraftvollen Spezial-Wein mit der faszinierenden Fülle, der seidigen Textur, der imposanten Länge.

Vorzüge, die sich freilich erst noch herumsprechen müsse: Trotz der attraktiven Flaschengestaltung – das Etikett wurde nach historischen Vorbildern gestaltet – handelt es sich um eine Spezialität für Freaks, die nur in homöopathischen Mengen zu haben ist. Lediglich ein paar hundert Flaschen stehen in diesem Jahr für den deutschen Markt zur Verfügung; bis der Roh-Fino aus Jerez de la Frontera die Popularität des grossen Bruders Tio Pepe erreicht, wird es also noch lange dauern.

Fino extrem

Das Tor zum Anwesen von González Byass, Jerez de la Frontera (Spanien)
Das Tor zum Anwesen von González Byass, Jerez de la Frontera (Spanien)

Doch das Experimentalunternehmen hat noch anderes auf Lager – und damit sind in diesem Falle nicht die 30 Jahre alten Cream- und Pedro-Ximénez-Weine gemeint. Auch beim Fino kann man einiges erleben, wenn man nach der sogenannten Palmas-Serie Ausschau hält.

„Es handelt sich um unterschiedliche Ausprägungen des Fino“, erklärt Tio-Pepe-Kellermeister Antonio Flores und schenkt alle vier Sorten zur Verkostung ins Glas. Die Palmas verdanken ihre Namen den Kreidezeichen, welche früher auf die besonders guten Fässer gemalt wurden – je mehr der Palmwedel ähnelnden Querstriche einem Längsstrich zugefügt wurden, desto hochwertiger der Inhalt.

Allen vier existierenden Palmas-Sherrys ist gemeinsam, dass sie über die normale Lagerzeit hinaus jahrelang unter der Florhefeschicht weiterreifen durften.

Weil eine Oxidation auf diese Weine weitgehend verhindert wurde, ist auch der zehn Jahre gealterte Tres Palmas unzweifelhaft ein Fino, ist deutlich mit dem Tio Pepe verwandt, besitzt schon in der Nase enorme Komplexität, duftet nach Mandeln und Früchten, weist aber auch schon zarte Einflüsse der Holzfässer auf.

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Und der Cuatro Palmas, die Spitze? Der war zwar mal ein Fino, alterte lange unter der Hefe, musste aber nach Absterben der letzten Zellen mit zusätzlichem Alkohol aufgespritet werden. Statt 15,5 Prozent besitzt der 48 Jahre gereifte Spezialwein also 21 Prozent Alkohol, ist offiziell ein Amontillado und dazu ein nach getrockneten Früchten, Nüssen und Zedernholz duftender Ausnahmetropfen. Erinnert ein bisschen an jenes Aroma, das einem früher aus Omas altem Wohnzimmerschrank entgegenschlug. Nur dass Oma sich diese grandiose Rarität, von der nur wenige Flaschen existieren, vermutlich nie hätte leisten wollen.

Über den Autor

Wolfgang Fassbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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