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Siegi Herzog – Der Alchimist aus dem Pinzgau

Siegi Herzog – Der Alchimist aus dem Pinzgau
Copyright Herzogschnaps

Er hätte Grund zum Abheben, denn Siegi Herzog ist mehr als ein biologischer Landwirt. Er ist einer der besten Edelbrenner weltweit. Aber den Boden unter den Füßen verlieren? „Wenn ich morgens um fünf Uhr mit den Gummistiefeln im Kuhdreck stehe, bin ich Mitten in den Tatsachen“, lacht er.

„Topniveau kann man nur halten, wenn man alles selber macht“

„Ich wollte einfach einen Rum machen“, sagt Siegi Herzog schulterzuckend. So als sei dies das Normalste der Welt für einen Edelbrenner aus dem Salzburger Land. Er, der in einem Postkartenidyll – zwischen den majestätischen Alpen und saftig blühende Wiesen – auf einem über 400 Jahre alten Erbhof im Zeller Land lebt, und weltberühmt für seine hervorragenden und kreativen Obstbrände ist. Gerade er springt jetzt auch auf den Zug auf, sich eine Weltspirituose zu Eigen zu machen!? „Moment mal“, kommt es prompt. „Ich hatte die Idee schon vor über zehn Jahren. Da war an den derzeitigen Trend Rum, Whisky und Co. selbst zu machen, noch gar nicht zu denken.“ Was mal wieder beweist: Siegi Herzog hat die Nase immer vorn.

Sein feines Näschen und Gespür für edle Destillate bewies der findige Brennmeister schon mehrfach. Kaum zu zählen sind seine Siege bei der „Destillata“ – europaweit die renommierteste und traditionsreichste internationale Edelbrandverkostung. In seinem Reich in einer herrlich ruhig gelegenen Siedlung bei Saalfelden tüftelt er an seinen Bränden und geht jeden Tag aufs Neue ans Werk ungewöhnliche, aber auch ganz klassische Kompositionen zu kreieren.

Sein Betrieb ist eine „One-Man-Show“, wie er selber sagt. Vom Einkauf, bei dem er das Obst eigenhändig beim Bauern aussucht, bis hin zum Brennen, Reifen und Abfüllen. „Topniveau kann man nur halten, wenn man alles selber macht“, ist sich der vielfach prämierte Spirituosenmeister sicher. Eine Überzeugung, die der Perfektionist nur leben kann, weil er einer Leidenschaft folgt. Denn neben Erfahrung, Wissen und einer gehörigen Portion Intuition ist Passion das Einzige, was einen an die Spitze der Liga bringt und hält.

Vor knapp zwei Jahren produzierte er dann – ebenfalls aus einer Laune heraus – einen Gin, der mittlerweile aus seinem vielfältigen Portfolio nicht mehr wegzudenken ist und viele Anhänger hat. Und nun eben ein Rum.

Exklusiv und exzellent

„Ich habe das ja nur aus Spaß gemacht – und um zu zeigen, dass ich das auch kann. Wenn er alle ist, dann gibt es eben was anderes.“

„Das war erst nur eine spontane Idee. Ich hatte einen kolumbianischen Freund, den ich einfach mal bat, mir bei der Beschaffung der Melasse zu helfen.“ Denn der honigartige dunkelbraune Zuckersirup aus Zuckerrohr ist unerlässlich und geschmacksgebend für einen echten Rum. Fündig wurden sie in Martinique. Der erste Schritt war getan. Gespräche mit Rumbrennern folgten. „Ich habe mich lange mit der Materie beschäftigt und auch viel gelesen. Ich wollte einen klaren, lupenreinen Rum, ohne jegliche Nachlaufkomponenten, die leider oft zu schmecken sind, aus dem ganz klar das Zuckerrohr herauskommt.“

Mission gelungen. Nach über fünf Jahren im amerikanischen Eichenfass ist der Siegi Herzog R.U.M. nun fertig und begeistert mit seinem reinen, harmonischen Aroma, das Anklänge von Kokos und gelben Früchten schmecken lässt. Nur 1.000 Flaschen hat Herzog produziert. „Ich habe das ja nur aus Spaß gemacht – und um zu zeigen, dass ich das auch kann. Wenn er alle ist, dann gibt es eben was anderes … und irgendwann dann eben mal wieder einen Rum“, meint der naturverbundene Österreicher herrlich entspannt.

Denn langweilig wird dem kreativen und ideenreichen Brennmeister garantiert so schnell nicht. Schon seine Vorfahren brannten Schnäpse, doch erst Siegi Herzog machte es zu seinem Beruf. Wobei das Wort Schnaps meilenweit am Kern seiner Produkte vorbeigeht: Er produziert exzellente, hocharomatische Edelbrände, die ein zu Hause in so manch namhaften Gourmetrestaurant Europas haben, und mindestens 39 Prozent Alkohol haben.

Dabei spiegeln sie den feinen, typischen Geschmack der Frucht klar definiert wider. Von der Himbeere über Birne, Quitte, Zwetschge und Heidelbeere wandert alles in die Flasche. Sein Nussbrand aus gerösteten Haselnüssen ist eine Sensation und sein Blutorangenbrand ein Verkaufsrenner. Selbst Ingwer, Physalis, Zitronengras und Rote Beete finden bei ihm den feinstofflichen Weg. „Ich habe auch Kartoffeln und Karotten ausprobiert.“ Doch besonders die Rote Beete gibt gerade schokoladenen Desserts einen extravaganten Kick.

Der Arbeitsablauf des „Alchimisten“, wie ihn viele seiner Kollegen nennen, ist dabei immer der gleiche. Sobald die eingekauften Waren auf dem Hof angekommen sind, werden sie gewaschen, zerkleinert und mit Hefe vermengt. Dabei praktiziert Siegi Herzog, entgegen der Langgärung von ein bis zwei Monaten, ein kurzes Gärverfahren von nur vier bis sechs Tagen. „Ich finde ein flüchtiges Aroma schön.“

Im Sommer und Herbst kommt saisongerecht Obst in die Verschlussbrennerei, im Winter und Frühjahr Getreide, Nüsse und Zuckerrohr. So geht es 365 Tage, das ganze Jahr über, immer wieder der gleiche Ablauf. „Ich bin eigentlich ein sehr hektischer Mensch, der immer im Umtrieb ist. Aber beim Brennen ist Ruhe das Ausschlaggebende, das Hinspüren.“

Zwischen Schnaps und Marmeladenbrot

Es klingt, als sei es seine Art der Meditation. Das Arbeiten eine selbstentdeckte Art des Genusses. Und auch wenn Herzog immer am Machen, Produzieren und an den Mann bringen ist, ständig neue Ideen durch seinen Kopf geistern: genießen kann er! Wenn er zwischen den einzelnen Arbeitsabläufen mal kurz auf seinen Traktor springt und die Felder der 18 Hektar großen rein biologischen Landwirtschaft des Erbhofes bestellt, sitzt er oben in seiner verglasten Kabine, der Motor tuckert laut unter ihm und er blickt in die Weite der österreichischen Alpen im Zeller Land. „Meine Welt“, schwärmt er dann und geht im Kopf schon die nächsten Einfälle für seine Brände und Liköre durch – oder überlegt, welche Produkte sich mit seinen Destillaten noch veredeln lassen könnten. Denn es gibt sogar Schokoladen und Fruchtaufstriche mit den Herzöglichen Bränden.

Und ganz nebenbei produziert der findige Tausendsassa auch noch Käse: Bergkäse aus Kuhmilch und eine würzige und zugleich feine Schafkäse-Affinage, die er mit seinem eigenen Whisky veredelt. „Käse ist wahrlich eine ganz andere Materie“, gesteht der Edelbrenner. Doch eine, die seine Liebe zu reinen Naturprodukten teilt – ihn jedoch wiederum auch Geduld lehrt, da Käse nun einmal nicht so schnell wie ein Brand reift.

Dank so viel Kreativität, Vielfalt, Topniveau, Fleiß und Leidenschaft ist Siegi Herzog ein Mann, der wahrlich Respekt und Aufmerksamkeit genießt. Das beweisen auch das ständige Klingeln seines Handys und die vielen Besucher seines exklusiven Hofladens. Das Fax spuckt am laufenden Band Bestellungen aus. Jede Minute des Tages ist mit Hektik gefüllt.

Ruhe findet er am Sonntag. Der ist frei. Dann geht der Aromentüftler mit seiner Familie oder seinem besten Freund, dem Spitzenkoch Andreas Mayer, auf seine Hütte in den Bergen. Ein Bier, ein dick bestrichenes Marmeladenbrot „und nicht reden. Einfach mal nicht reden!“

Weitere Informationen unter www.herzogschnaps.at

Über die Autorin

Es gibt sie ganz selten. Doch Anja Hanke hat das grosse Glück zu ihnen zu gehören: Den Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten.

Sie liebt gutes Essen, handgefertigte Weine, erlesene Produkte und diese Verbindung an den verschiedensten Orten dieser Welt einzufangen – und für ihre Leser genussvoll aufzubereiten.

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