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Josef Bauer – Kochlegende von der Ostalb

Josef Bauer – Kochlegende von der Ostalb
Copyright Stephan Floss

Baden-Württemberg ist mit guten Köchen reich gesegnet. Manche behaupten sogar, dass man nirgendwo in Deutschland besser esse als zwischen Bodensee und Badischer Bergstrasse. Wer sich zum abseits der Durchgangsrouten gelegnen Landgasthof Adler durchgeschlagen hat, bekommt sogar die Essenz baden-württembergischer Spitzenküche serviert: eine unvergleichliche Melange aus Bodenständigkeit und Kreativität. Eine mit Zukunft!

Seinen 70 Geburtstag hat Josef Bauer längst hinter sich. Doch allzu deutlich scheint sich das Alter nicht bemerkbar zu machen. Ganz so viele Gänge wie früher schaffe er beim Essen nicht mehr, schmunzelt der Inhaber des Landgasthofs Adler.

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Aber neugierig ist er immer noch darauf, was die Kollegen so machen, besucht gern erste Adressen in Frankreich, Spanien oder der Schweiz. Interessiert war er schon als jugendlicher Nachwuchskoch, begnügte sich nicht damit, in der Umgebung zu bleiben, sondern ging zur Ausbildung in die damals grossen Restaurants. In den Bayerischen Hof nach München, in die Schweizer Stuben ins fränkische Wertheim-Bettingen.

Zurück in Rosenberg liess es der 1942 geborene Bauer langsam angehen. 1972 übernahm er den urigen Gasthof, bewirtete wie schon sein Vater in der Stube im ersten Stock, führte aber die angeschlossene Landwirtschaft weiter: Noch heute bezeichnet sich Josef Bauer gern als das, was er immer war neben seiner Tätigkeit als Koch – als Bauer.

Mit der Zeit halten immer neue Kreationen Einzug

Aussenansicht des Landgasthof Adler
Aussenansicht des Landgasthof Adler

Allmählich fanden neben Spätzle und Linsen kreative Gerichte Eingang in die Speisekarte. Zunächst Hummercremesuppe oder Seeteufel mit Koblauchsauce, vielleicht auch ein gefüllter Ochsenschwanz mit Basilikumnudeln, später vielleicht ein bei 60 Grad gegartes Ei mit Rote Bete und rohem Blumenkohl oder die gebratene Gänsestopfleber mit Maiscreme und Korinthen-Trüffel-Sauce.

So richtig los ging es dann Mitte der Achtziger. Grosse Bordeaux und Burgunder ergänzten die Weine aus schwäbischen Gütern, Desserts wie der famose Quarkauflauf wurden unter Ägide von Bauers Frau Marie-Luise zu süssen Legenden. Bis die Restaurantführer aufmerkam wurden, dauerte es nicht lange, unaufhörlich sprach sich die Adresse herum. Schliesslich folgte der Stern, ergänzt um 18 Punkte beim GaultMillau und die Auszeichnung als Koch des Jahres beim Bertelsmann-Guide. Der Feinschmecker wiederum kürte den Adler auf der Ostalb mehrfach zum besten Landgasthof Deutschlands.

Inzwischen hat sich Josef Bauer Verstärkung geholt: Seit dem vergangenen Jahr ist Christian Baur, früher Küchenchef im berühmten Durbacher Ritter, in gleicher Funktion in Rosenberg tätig, während Bauers Tochter Katharina neben ihrer Mutter und der seit mehr als 40 Jahren im Service tätigen Hildegard Brenner gute Laune vor den Kulissen versprüht.

Josef Bauer im Gespräch mit Wolfgang Fassbender

Die Zusammenarbeit zwischen der jungen und der älteren Generation läuft ja offenbar wie geschmiert – wollen Sie jetzt allmählich in den Ruhestand treten, Herr Bauer?

Nein, nein. Ich stehe auch weiterhin in der Küche. Ein Ruhestand ist nicht geplant.

Der goldene Adler über dem Eingang des altehrwürdigen Landgasthofes
Der goldene Adler über dem Eingang des altehrwürdigen Landgasthofes

Sie fahren sogar regelmässig zum Stuttgarter Grossmarkt. Ist es aber nicht im Trend, nur das zu servieren, was direkt vor der Haustür wächst? Schliesslich werben Kollegen von Ihnen damit, nur die Dinge aus der allernächsten Umgebung zu verwenden!

Ich schmunzele immer, wenn das jemand sagt. Das kann kein Bauer sein, der solche Sprüche macht. Ich war gerade bei einer Kochveranstaltung. Da hat auch jemand vom eigenen Gemüsegarten erzählt. Aber der ist ja nach einem Service schon leer!

Aber Sie bekommen schon regionale Produkte?

Aber ja. Wild zum Beispiel. Wir haben gerade wunderschönes Reh. Gemüse natürlich auch. Wenn ich auf dem Grossmarkt bin, gehe ich zu dem Stand, den ich seit langem gut kenne. Da bekomme ich dann auch eine vernünftige Menge Ackersalat von bester Qualität. Auch Pilze bekommen wir aus der Region – aber in diesem Jahr ist es trocken, da gab es bisher fast nichts. Wenn es jetzt ordentlich regnet, kann das anders aussehen.

Wann haben Sie eigentlich angefangen, etwas kreativer zu kochen?

Das war ab 1986. Nachdem wir die eigene Landwirtschaft aufgegeben hatte, hatten wir Zeit für so was.

Was hat sich seitdem geändert in der Gastronomie?

Die Portionen sind kleiner geworden. Heute wollen die Leute lieber einen Gang mehr essen, und dafür dürfen die einzelnen Gänge dann etwas weniger umfangreich ausfallen. Und es ist weniger rustikal als früher. Damals wurden viel Linsen, Kutteln, Schupfnudeln serviert.

So was steht ja immer noch auf der Karte bei Ihnen. Gibt es hin und wieder vielleicht eine Renaissance alter Klassiker?

Ja, durchaus. Das kommt auch bei jungen Leuten gut an. Wir haben seit acht Tagen ein Gericht auf der Karte, eine geschmolzene Blutwurst mit Birnenspalten. Das läuft. Das hätte ich selbst nicht gedacht.

Sie gehen ja immer wieder gern essen, waren schon bei vielen berühmten Kollegen. Welche Restaurants haben Sie am meisten beeindruckt?

Wahrscheinlich die guten Restaurants in Frankreich, zum Beispiel in Paris. Da stimmt auch das Produkt, das steht mehr noch im Mittelpunkt als bei uns. Ein schönes Geflügel oder ein guter Fisch. Das hat da einfach mehr Tradition.

Apropos Tradition. Jene des ausgedehnten Mittagessens hat ja nachgelassen in Baden-Württemberg. Früher hatten Sie sogar montags und dienstags am Mittag auf und dafür am Freitag Ruhetag, heute ist nur noch freitags, samstag und sonntags am Mittag geöffnet. Sehen Sie also schwarz für die gute Gastronomie in Deutschland?

Nein, ich sehe nicht schwarz. Aber es wird sicher nicht einfacher. Wenn man kein gutes Konzept hat, dann wird es schwierig.

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Landgasthof Adler, Ellwanger Strasse 15, 73494 Rosenberg, Tel. 07967/513, www.landgasthofadler.de

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