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Geschmack und Mysterium – Der Balik-Lachs

Geschmack und Mysterium – Der Balik-Lachs
Copyright iStockphoto ©supermimicry

Wer ein Allerweltsprodukt wie Lachs verkaufen will, braucht beste Argumente; Hinweise auf Räucherofen und Handarbeit reichen nicht mehr aus, um Interessierte anzulocken. Erfolg hat nur, wer mit Geschichten über Zaren und Geheimrezepte des Weges kommt. Geschmack und Mysterium gehen im Falle der schweizerisch-norwegischen Spezialität namens Balik-Lachs eine unschlagbare Einheit ein.

Man mag es sich kaum vorstellen: Noch vor drei Jahrzehnten kam kaum ein französisches Restaurant ohne eine aus heutiger Sicht profane Vorspeise aus. Saumon fumé stand auf vielen Menüs, selbst in der Drei-Sterne-Szene, galt als Delikatesse, wurde von Amateuren aus der Packung genommen, von ambitionierten Köchen aber aus dem Filet wild gefangener Fische selbst zubereitet und mit hausgebackenem Toast und Rohmilchbutter angerichtet.

Rezeptidee: Gebratener Lachs mit Lauchgemüse und Kräutern

Später verschwand der kommune Räucherlachs vielfach aus der gehobenen Gastronomie, wurde aber für eine Weile durch marinierte Varianten ersetzt. Der mit Dill, Salz und Zucker eingelegte Graved Lachs (Gravlax) galt in den Neunzigern als chic, und noch heute werden haus- oder fabrikgebeizte Fischscheiben in vielen Gasthöfen feilgeboten. Mit einer unschlagbaren Delikatesse hat dieses Gericht allerdings nicht mehr das Geringste zu tun.

Die Sache mit dem Zar

Lachs und Kaviar
Lachs und Kaviar

Unschlagbar wird es nur, wenn man mit Legenden nachhilft. Wie man aus gewöhnlichem skandinavischen Zuchtlachs eine Delikatesse macht, die ähnlich teuer ist wie Champagner der Kategorie Dom Pérignon, verrät eine kleine Räucherei im schweizerischen Toggenburg.

Entstanden ist sie auf Initiative eines Branchenfremden, des in Frankfurt am Main geborenen und lange in Zürich arbeitenden Schauspielers und Regisseurs Hans Gerd Kübel. Im Jahre 1978 begann der, ein altes Bauernhaus in einer ländlich geprägten Gegend der Schweiz zu restaurieren.

Wenig später kam es zu einer schicksalhaften Begegnung. Kübel lernte den Russen Israel Kaplan kennen, der wiederum im Besitz eines geheimen Rezeptes war. Sein Grossvater hatte, so wird berichtet, als letzter Räuchermeister am Zarenhof gewirkt, war verantwortlich für die Zubereitung des dort servierten Lachses, vermittelte Kübel noch aus dem Grab heraus die Tricks und Kniffe, um aus gewöhnlichem Meereseiweiss eine ganz besondere Delikatesse zu machen.

Pumpernickeltaler mit Lachstartar und gekochtem Ei einfach selbst machen

Kübel nannte seinen Toggenburger Lachs Balik, was chic klingt, aber eigentlich nur das türkische Wort für Fisch ist. Auch nach der Übergabe der Lachsräucherei Balik an das Caviar House (heute Caviar House & Prunier) im Jahr 1992 hat sich am geheimnisumflorten Status des Produktes nichts geändert.

Alles Handarbeit

Bei genauem Hinsehen wird klar, dass man im Toggenburg handwerklich arbeitet wie selten. Jedes Häutchen, jede unerwünschte Unebenheit wird sorgfältig entfernt, den kühlen Rauch erzeugt man mittels zehn Jahre gelagerter Holzscheite. Was am Schluss abgepackt wird, in speziell designte Umhüllungen, sind vor allem die pursten Rückenstücke des Lachses, als Fillet Tsar Nikolaj Renner in Flughafen-Shops.

Auch dann, wenn die Preise durch die Decke schiessen, vor allem bei den in streng limitierten Stückzahlen hergestellten Sondereditionen. Einige Käufer schwören auf die sogenannte Black Edition, andere lassen sich die Pink Edition einpacken, schwärmen vom verwendeten pinkfarbenen Himalaya- und einer Prise Himbeersalz, zahlen ohne mit der Wimper zu zucken 61 Schweizer Franken für 100 Gramm Endprodukt.

Die Differenz zwischen Wareneinsatz und Verkaufspreis wird von Experten für astronomisch eingeschätzt. Weil aber auch die Käufer ein Produkt erhalten, das nicht nur ausgezeichnet schmeckt, sondern auch einen ähnlichen Ruf geniesst wie feinster Stör-Kaviar, kann man von einer Win-Win-Situation sprechen.

Panierte Lachsfrikadellen mit frischen Kräutern  zubereiten

Nur in der Gastronomie hat die fischige Luxusprodukt noch nicht für eine Renaissance des Räucherlachses gesorgt. „Viel zu teuer“, winkt ein Berliner Sternekoch ab, „das lässt sich nie refinanzieren“. Wenn er guten Lachs servieren wolle, nehme er ohnehin nicht ordinäre, von weither herangeschaffte Ware, sondern Biolachs einer regionalen Zucht, räuchere sehr kurz und mit Trockenkräutern, würze statt mit Himalaya-Körnchen mit aromatischem bretonischen Fleur de Sel. Nur auf den Zarenmythos muss diese Alternative des Luxuslachses verzichten.

Balik – eine Zweigniederlassung von Caviar House & Prunier (Suisse) SA
Im Moos
CH-9122 Ebersol-Mogelsberg
Tel. +41 71 375 60 60
www.balik.ch

Über den Autor

Wolfgang Fassbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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