Alteingesessene Weinstuben prägten lange das Bild der Moselgastronomie. Doch Wohnwagen-Kundschaft und Imbiss-Touristen werden immer öfter durch neugierige Gourmets ersetzt. Im günstigsten Falle finden sie eine Kombination aus Ideen und fairen Preisen, im ungünstigsten treten sie noch eine Zeitreise in die Fünfziger an.
Die schöne Moselwelt hat noch immer Risse. Man muss ja nur mal durch Briedel fahren, eine Gemeinde zwischen Zell und Pünderich, die schon bessere Zeiten gesehen hat. Früher wurde hier mal gehobene Küche serviert, die Hotels verfügten über modernen Komfort samt Schwimmbad, und die Urlauber standen Schlange. Doch was noch in den Fünfzigern und Sechzigern funktioniert haben mag, klappte irgendwann nicht mehr.
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Andere Orte und Regionen liefen Briedel und diesem Teil der Mosel den Rang ab, und die ehemals gerühmte Gastronomie und Hotellerie begann, an Boden zu verlieren. Es blieben die Wohnwagentouristen, die Camper und alle, denen Hauptgänge jenseits der 15 Euro immer schon viel zu teuer waren.
Neue Entwicklungen auf dem Teller
Ob Briedel noch mal auf die Beine kommt, weiss keiner. Anderswo an der Mosel aber gehen die Gastronomen, häufig von den Winzern inspiriert, in die richtige Richtung. In Traben-Trarbach tragen Wille zur Zusammenarbeit und Innovationsbereitschaft Früchte, auch in Trittenheim und Ürzig sitzen die Besucher nicht auf dem Trockenen, wenn sie gehobene Speisen suchen.
Allmählich beginnt sich auszuzahlen, was Küchenchefs wie Helmut Thieltges (Restaurant Sonnora in Dreis) schon vor Jahrzehnten vorgemacht haben, und das bisweilen weitab der Zivilisation. Meist erfolgreich, denn wenn man sich Mühe gibt, kommen die Kunden fast von selbst – auch jene, die lange einen Bogen um die Mosel gemacht haben.
Zu spüren ist diese Form der Kundenakquise in Oliver’s Restaurant in Ürzig oder in Leiwen, wo das Wein- und Tafelhaus seit Jahren immer wieder aufs Neue einen Michelinstern ergattert. Zwei dieser Auszeichnungen leuchten neuerdings sogar über Piesport, seit der junge Thomas Schanz hier für aufsehenerregende Speisen sorgt.
Praliné von der Königskrabbe mit Mandarine? Aber sicher! Und weil sich im Ort auch Neues tut, was den Wein angeht, erscheinen plötzlich Touristen, die man lange vermisste. Amerikaner oder Skandinavier, Australier und Chinesen.
Individualität statt hoher Ehrungen
Sterne sind zwar wichtig, aber nicht alles. Was der Moselgastronomie lange fehlte, die exquisite Grundversorgung, etabliert sich zumindest hier und dort. Käsewürfel, Bratwurst und Schnitzel haben ja mit echter Regionalküche weniger zu tun, als die für zarteste Weissweine bekannte Wehlener Sonnenuhr mit deftigem Cabernet Sauvignon.
Dass es auch anders geht, zeigt nicht nur Wolfgang Becker, der Küchenchef des Weinhauses Becker in Triers Rebenvorort Olewig. Neben seinem Gourmetrestaurant serviert er in den urigen Räumlichkeiten des Weinhauses Speisen, die zeigen, was beinah überall möglich wäre, wenn man dann nur wollte. Auch der Reiler Hof bekommt den Spagat hin zwischen erstklassig Kreativem und Bodenständigem aus frischen Zutaten.
Und wer stöbert, abseits der Zentren, findet auch in Klotten – Tresterfleisch und Bio-Rind – oder in Kleinich im Hunsrück Erstaunliches. Manchmal reicht aber auch schon ein Pfeffersteak nach Art des Hauses, sofern man auf der Weinkarte reife Spezialitäten entdeckt, die anderswo längst ausverkauft sind: Der Eurener Hof in Trier macht es vor.
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Die Briedeler Politiker, die Tourismusverantwortlichen aus Zell und Cochem und all die anderen, die sich gegen Neuerungen sträuben, müssten gar nicht weit fahren, um die Zukunft zu erkennen. In ein paar Jahren wird ihnen nichts Anderes mehr übrigbleiben.
Empfehlenswerte Restaurants an der Mosel:
Drei Sterne abseits der Mosel: Restaurant Sonnora
Gourmetküche & Weinhauskost in Olewig: Weinhaus Becker
Junge Gastronomie mit Ideen: Oliver’s Restaurant
Ein Stern in Leiwen – und das seit Jahren: Wein- und Tafelhaus
Jugendstil-Flair in Traben-Trarbach: Bellevue
Zwei-Sterne-Aufsteiger: Schanz
Moselländische Regionalküche: Zur Post
Kulinarischer Hunsrück-Ausflug: Landhaus Arnoth
Eine Weinkarte aus dem Bilderbuch: Eurener Hof
Zweitlokal und Gourmetrestaurant unter einem Dach: Landhaus St. Urban