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Das Bauernhofmodell – Frühling bei Familie Hug

Das Bauernhofmodell – Frühling bei Familie Hug
Copyright Sophia Spillmann

Dies ist Teil eins einer kleinen Serie zum Thema regionale Landwirtschaft, die wir auf Feinschmecker.com veröffentlichen werden. Hierbei interessieren uns die Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

Wir begleiten zu diesem Zweck einen mittelgrossen Hof durch die vier Jahreszeiten. Welche Arbeiten fallen wann an, wie bleibt ein Hof wirtschaftlich und wie realistisch sind Konzepte wie schadstoffarme Pflanzenkulturen und Animal Welfare, wenn man dem Verbraucher Produkte zu einem fairen Preis liefern muss? Diese Fragen hoffen wir im Laufe des Jahres auf den Grund zu gehen.

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In Heimatfilmen werden nun die ersten blühenden Osterglocken und Obstbäume eingespielt. Kleine Ferkelchen und Kälber auf einer blühenden Wiese werden ins Bild gerückt, der Seniorchef des Hofs stopft auf einer sonnigen Bank vor der Hauswand seine Pfeife.

Ein letzter Schwenk über den Heuboden des Hofes enthüllt nicht nur eine Schar kleiner Kätzchen, die dort auf ihre Mutter, eine fleissige Rattenfängerin, warten, sondern auch den Juniorchef des Hofes, der sich mit weiblicher Begleitung dorthin zurückgezogen hat. Die ersten Pflanzen spriessen bereits auf den Feldern, wie ein langsamer Landschaftsschwenk zeigt.

Das Wetter ist mild, das Leben beschaulich, alle Beteiligten sehen unglaublich gut aus und es verspricht, ein fruchtbares Jahr zu werden. Das war der Heimatfilm. Auch wir werden Ihnen diese idyllischen Bilder nicht vorenthalten. Tatsächlich ist das Frühjahr jedoch eine unglaublich arbeitsreiche Zeit auf dem Hof – erst Mitte Juni, meist nach dem ersten Heuen, wird es etwas ruhiger.

Dieses Jahr jedoch geht alles etwas langsamer vonstatten, als Bernd Hug vom Baldenweger Hof es gerne hätte. Das Frühjahr steht vor allem im Zeichen der Bepflanzung der Felder, um später im Jahr hoffentlich eine schöne Ernte einfahren zu können.

Auf dem Feld: Bodenpflege als Schlüssel zum Erfolg

Aussaat der Frühkartoffeln Ende März
Aussaat der Frühkartoffeln Ende März

Nur wenige Landwirte in der Umgebung bauen Gemüse an. Die Flächen werden meist als Weidefläche oder für den Anbau von Viehfutter wie Mais und Getreide verwendet. Die Kultivierung von Gemüse ist deutlich kraft- und zeitraubender, Aussaat bzw. Bepflanzung und Pflege der Kulturen nehmen enorme Ressourcen in Anspruch. Dennoch würde Hug, der Gemüsebau als sein Hobby bezeichnet, diesen Teil der Arbeit nicht missen wollen.

Viele seiner Kunden freuen sich im Sommer ganz besonders auf das lokal angebaute Gemüse, das man auf den benachbarten Feldern gedeihen sehen kann. Schlüssel zum Erfolg ist für Hug eine gute Vorbereitung des Bodens: Für Gewächse, die einen lockeren, stickstoffreichen Boden bevorzugen, nutzt er als Vorkultur Pfahlwurzler und Leguminosen. Diese reichern den Boden mit Nährstoffen an und lockern ihn zugleich auf.

Wo es noch an Nährstoffen fehlt, wird mit einer Mischung aus Mist, Humus, Pflanzenkohle und Steinmehl nachgeholfen. Der Boden darf nie „nackt“ sein, da sonst die Nährstoffe weggespült würden. Ist ein Feld also abgeerntet, muss sogleich mit der Nachbearbeitung und dem Ausbringen einer Folgekultur begonnen werden. Die Felder danken die gute Pflege und weisen konstant einen Humusgehalt von über 5% auf, der Boden im Gewächshaus kommt gar auf 10 %.

Die ersten Monate des Jahres waren verhältnismässig nass und kalt. Erst Mitte April begannen die ersten Obstbäume zu blühen, die Frühkartoffeln der Sorte Annabelle, die Ende März ausgesät wurden sind noch nicht ausgetrieben und die Saat der späteren Kartoffelsorten, Freilandbohnen, Soja und Karotten muss erstmal verschoben werden, bis die Böden etwas trockener und wärmer geworden sind.

Aufgrund der Witterung rechnet Hug bereits jetzt mit deutlich verspäteten Erntezeiten: Die Frühkartoffeln kann man in einem guten Jahr schon Anfang Juni ernten. Dieses Jahr muss man sich aber auf Mitte bis Ende Juli einstellen. Wer denkt im Frühjahr ginge es nur darum, für die nächsten Monate vorzusorgen, irrt: Tatsächlich werden noch im Mai die Herbst- und Wintergemüse wie Kürbisse, Grünkohl, Rot- und Weisskraut gepflanzt.

Die Obstbäume wurden bereits Anfang des Jahres beschnitten: Wildwuchs wird entfernt, der Haupttrieb und Fruchttriebe belassen, um maximale Erträge zu garantieren. Die Bäume werden auf einer Höhe von 2m gehalten, um noch bequem vom Boden aus abgeerntet werden zu können.

Im Gewächshaus

Im Gewächshaus gedeihen nacheinander Pflücksalate, Gurken und Tomaten
Im Gewächshaus gedeihen nacheinander Pflücksalate, Gurken und Tomaten

Trotz der kühlen Witterung sind die Pflücksalate im Gewächshaus schon schön gewachsen und wurden teilweise bereits geerntet und im Hofladen verkauft. Die Salate gedeihen zwischen Rindenmulch und geschützt von Pflanzenfolie, die einerseits die Feuchtigkeit im Boden hält und andererseits das Wachsen von Unkraut verhindert.

Zusätzlicher Dünger wird bei der Kultivierung im Gewächshaus nicht verwendet, stattdessen wird es im Winter für einige Wochen zweckentfremdet und dient einer kleinen Kolonie Hühner als Unterschlupf. Der Dung der Hühner vermischt mit Kompost ergibt eine nährstoffreiche Mischung, in der Gemüse hervorragend wächst. Die Pflücksalate können bis zu 3 Mal geschnitten werden um anschliessend erneut auszutreiben.

Nachdem die Salate in den nächsten Wochen abgeerntet werden, werden in den Gewächshäusern Gurken und Tomaten gezogen. Gerade Tomaten sind im Freiland relativ heikel, da sie Sonne und Trockenheit brauchen. Wenn es zu viel regnet, neigen sie zu Krankheiten. Im geschützten Gewächshaus gedeihen sie hingegen ausgezeichnet.

Sowohl Gurken als auch Tomaten sind Pflanzen, die nährstoffreiche Böden lieben und sich in der Mischung aus Humus und Geflügeldung pudelwohl fühlen. Auch sind es arbeitsreiche Kulturen: Alle zwei Tage müssen die Pflanzen im Gewächshaus kontrolliert werden, störende Nebentriebe werden gekürzt und die langsam wachsenden Pflänzchen mit Hanfseilen an speziellen Vorhaltungen hochgezogen. Schädlinge werden soweit möglich mit tierischen Nützlingen in Schach gehalten.

Tierisch gut

Die artgerechte Haltung der Tiere liegt Familie Hug besonders am Herzen
Die artgerechte Haltung der Tiere liegt Familie Hug besonders am Herzen

Das Frühjahr ist auch in tierischer Hinsicht aufregend, denn viele Hoftiere bekommen nun Nachwuchs. Auf dem Baldenwegerhof gibt es derzeit ein Lamm, das mit der Flasche aufgezogen wird. Die Schafe und Ziegen auf dem Hof sind keine Nutztiere und dienen vor allem der Zierde.

Anders die Kühe: der Hof beherbergt momentan eine Herde von ca. 60 – 70 Kühen und Jungrindern, welche im Alter von ca. 28 Monaten geschlachtet werden. Hierbei gibt es eine Mutterkuhherde von 8 Tieren, die jedes Jahr ein Kalb bekommen. Während in konventionellen Milchviehbetrieben die Kälber meist direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt werden, leben diese Kühe bis zu 10 Monate zusammen mit ihren Kälbern.

Anfangs leben Mutterkühe und Kälber im Aussenstall. Dort gibt es auch einen sogenannten „Kälberschlupf“. Ein Teil des Stalls wurde so abgeteilt, dass nur die Kälber reinkommen. Dies wird von den Kleinen gerne angenommen und oft sieht man sie dort tagsüber liegen, während ihre Mütter in den benachbarten Bereichen stehen. Der Vorteil ist, dass die Kälber so nach Bedarf ihre Ruhe und einen abgetrennten Liegeplatz haben.

Für Landwirt Hug ist die Mutterkuhhaltung eigentlich die ideale Form der Tierhaltung. Der einzige Grund warum nicht alle Kühe auf dem Hof so aufwachsen ist, dass es schlicht und ergreifend Platz mangelt, um mehr Familienmodelle dieser Art in den Stallungen unterbringen zu können.

Von Milchvieh-Betrieben der Umgebung wurden deswegen 50 Kälber gekauft, die auf dem Baldenwegerhof 8 Wochen mit Milch getränkt werden, bevor ihre Nahrung auf Stroh, Schrot und Grünfutter umgestellt wird. Diese Jungrinder stehen nun teilweise bereits in einer Herde auf der Weide.

Auch die Schweine hatten bereits Nachwuchs. Schweine können 2 Mal pro Jahr werfen. Im Gespräch betont Hug, dass Schweine seine Lieblingstiere seien – es gebe keine lustigeren, intelligenteren und saubereren Tiere. Ihm liegt am Herzen, dass sie möglichst artgerecht gehalten werden. Dazu gehört Gesellschaft, genug Platz und die Möglichkeit, sich zu suhlen und zu graben.

Für die Hühner wurde vor Kurzem ein zweites Hühnermobil gekauft: dies ermöglicht nach Hugs Meinung eine perfekte Hühnerhaltung. Drinnen sind sie sicher vor Wind, Wetter und Jägern wie Marder oder Fuchs und können in Ruhe Eier legen. Wenn sie möchten, können sie jederzeit auf ihre Koppel und dort nach Herzenslust scharren. So muss der Landwirt das Hühnermobil nur sauber halten und gelegentlich den Stellplatz wechseln.

Auch die Tiere leiden unter der schlechten Witterung: Noch nicht alle Herden konnten wieder auf ihre Sommerweiden, da die Böden sehr nass sind und die Grasnarbe bei Beanspruchung schnell zerstört würde. Immerhin wurden bereits alle Zäune kontrolliert und ausgebessert, jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen.

Saisonalität im Hofladen

Im Hofladen werden die restlichen Bestände des Wintergemüses angeboten, bevor in ein paar Monaten saisonale Gemüse frisch vom Feld das Bild ergänzen. Wie immer gibt es zahlreiche Brotsorten, Eier und hofeigenes Fleisch. Pute und Hähnchen gibt es derzeit nicht, erst ab Juni werden die ersten Geflügelbestände wieder bereit für die Schlachtung sein.

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Für Beschaulichkeit ist also im Frühjahr wenig Zeit. Dennoch ist es eine spannende Jahreszeit, wird doch nun das Fundament für die nächsten Monate gelegt. Aber auch bei guter Vorbereitung und harter Arbeit hängt der Landwirt immer von Faktoren wie dem Wetter oder Schädlingsplagen ab, die er nur in begrenzten Mass beeinflussen kann.

Sophia Spillmann

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