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Brasserie Desbrosses – lokales Gemüse im Ritz

Brasserie Desbrosses – lokales Gemüse im Ritz
Copyright Ritz-Carlton

Die Brasserie Desbrosses im Berliner Ritz-Carlton gehört zu einer neuen kulinarischen Avantgarde in der heimlichen Hauptstadt der veganen Gourmetküche, die ohne die überhöhten Ambitionen der Sternegastronomie auskommt. Die erfolgreichsten Restaurants sind nämlich die, die auf Sterne verzichten und lieber ihrem eigenen folgen.

Auch, wer die Frage des HeadChefs „Wie hätten Sie Ihr Lamm am liebsten?“ mit „Lebendig!“ beantwortet, wird in der französischen Brasserie Desbrosses des „Ritz-Carlton“ glücklich – mit geschmacksintensivem Gemüse vom hoteleigenen Bio-Acker. Dieser befindet sich natürlich nicht auf dem Mittelstreifen der Leipziger Strasse und auch nicht auf dem Rooftop des international renommierten Grand Hotels, sondern auf dem Müritzhof in Stuer, Mecklenburg-Vorpommern.

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Auf dem Hof mit der ganzheitlichen Philosophie werden über neunzig Gemüsearten über das Jahr verteilt exklusiv für die Brasserie Desbrosses angebaut. Aktuell deckt der Bio-Acker 65% des gesamten Gemüsebedarfs. Weil das Feedback der nationalen und internationalen Gäste durchweg positiv ausfällt, sollen die Erträge
weiter steigen.

All politics is local – alles Gemüse auch

Der Müritzhof in Stuer, Mecklenburg-Vorpommern
Der Müritzhof in Stuer, Mecklenburg-Vorpommern

Die biozertifizierten Salate, Kürbisse, Kräuter und Raritäten wie roter Spitzkohl, weisse Möhren, Pariser Rüben und Erdbeerspinat finden sich auf der saisonal ausgerichteten veganen Karte wieder, die der Gast auf Nachfrage erhält. Dabei ist der Oberkellner selbst manchmal die beste Speisekarte, und die Gäste können ihre individuellen Wünsche inklusive eventueller Nahrungsmittelüberempfindlichkeiten geschmacksabhängig am Tisch erörtern.

Auch fährt der Bankett Manager gerne mit dem Wägelchen am Dinnertisch vor, um die illustre Weinauswahl, Gemüse und Kräuter zu präsentieren. Die Weine stellen eine Reise durch die weltweite Weinlandschaft dar – eine mit Fokus unter anderem auf Bordeaux, ca va sans dire. Darunter befinden sich auch weisse Bordeaux.

Der Gast kann jedes Gericht mit einem korrespondierenden Wein ordern. Mit der Präsentation der Petersilie am Tisch leistet die französische Brasserie scheinbar so etwas wie einen Bildungsauftrag, erfährt manches Kind auf diese Weise doch erstmalig, wie das bekannteste Kraut der deutschen Küche aussieht. A propos Bildung: Das Umweltengagement des Fünf-Sterne-Superior-Hotels geht so weit, dass es Papierabfälle zu Schulheften recycelt.

Rustikal mit französischem Flair

Die Brasserie Desbrosses - rustikal mit französischem Charme
Die Brasserie Desbrosses – rustikal mit französischem Charme

Im rustikalen Rahmen der Brasserie Desbrosses gilt übrigens nicht einmal Anstossen als anstössig, wie es manche Knigge-Beauftragten gemeinhin propagieren. Zum unprätentiösen Kontext der Brasserie mit der Showküche passt auch, dass auf weisse Tischdecken verzichtet wird. Das Hotel setzt damit auf ein neues Mindsetting, das dem Gast mögliche Schwellenangst nehmen soll.

Die rustikalen Holztische im Restaurant bringen von Haus aus Patina mit und nehmen es nicht weiter übel, wenn jemand im Überschwang ein Rotweinglas umstösst. In lebhafter Runde ist gesundes Essen schliesslich gleich noch gesünder.

Gäste, die es bei aller Kultiviertheit etwas unkonventionell-unprätentiös schätzen, werden die authentische Atmosphäre in der Brasserie Desbrosses lieben. Das französische Flair verdankt die Brasserie ihrer originalen Herkunft: Die gesamte Einrichtung von 1875 stammt original aus dem im Burgund befindlichen Mâcon.

Namensgeber Patrick Desbrosses hatte die Brasserie damals in eine Patisserie umgewandelt. Nach dem Tod des Besitzers stand das Ambiente ungenutzt, wurde vom Architekten aufgekauft, nach Berlin umverfrachtet und dort wieder aufgebaut und liebevoll restauriert.

Fromage, fromage, dans tous le royaume

Koch Jan-Oliver Henschel auf dem Müritzhof
Koch Jan-Oliver Henschel auf dem Müritzhof

Mein Veganismus gelangt an diesem Abend bei der sensationellen Burrata von exil-italienischen Wasserbüffeln an seine Grenzen, die von Nazis nach Brandenburg importiert wurden.

Von transgenerationaler Weitergabe traumatisierenden Kriegsgeschehens ist der Kremmener Käsespezialität allerdings nichts anzuschmecken. Im Gegenteil: Friedlicher könnten die Schwingungen nicht sein, und die Burrata geht mit der Tomatenessenz eine sinnliche Symbiose ein.

Vielleicht stammen die guten Schwingungen auch von denen, die die Speisen zubereiten: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus der Küche präsentieren uns ihre kulinarischen Kreationen mit dezentem Stolz und begegnen dem Gast mit Aufmerksamkeit auf Augenhöhe.

Hier gelten flache Hierarchien statt „Big Boss“-Prinzip. Der Sinn stiftet Motivation, nicht Angst oder die Aussicht auf Beförderung. So sehen die Mitarbeiter sich nicht als Befehlsempfänger, die auf Ansage arbeiten, sondern sind aus sich selbst und der Identifikation mit dem Hotel heraus motiviert.

Das gilt auch für einen jungen Amerikaner, der gerade am Potsdamer Platz gastiert und uns seinen von der Weite der arizonischen Wüste, von Frankreich und Berlin inspirierten „Signature“-Drink auf Basis von St. Germain, Le Sirop de Morin und Poire Williams-Brandy schmackhaft macht.

Der Umwelt verpflichtet

An der Wand der Brasserie entdecken wir ein Bild mit der Aufschrift „Life is no sugar licking“. Dabei kann es sich nicht um das Zitat eines Mitarbeiters handeln, denn der exzellente unaufdringliche Service strahlt Lebens- wie Arbeitsfreude aus und zeigt sich so produktiv wie die 250.000 bis 400.000 Bienen, die im Sommer auf dem Dach des Grand Hotel residieren und pro Jahr circa 250 bis 400 Kilogramm Honig produzieren.

Die Bio-Produkte der fleissigen Berliner Bienen können die Gäste beim Frühstück geniessen oder als Souvenir mit nach Hause nehmen.

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Für seine nachhaltigen regionalen Spezialitäten und sehr umfangreichen Umweltschutzmassnahmen wurde das Ritz-Carlton Berlin im Oktober 2014 zum vierten Mal in Folge nach dem „Eco-Management and Audit Scheme EMAS“ der Europäischen Union zertifiziert. Dass das Hotel am Potsdamer Platz jetzt auch veritable Veganküche im Fine Dining-Bereich anbietet, ist ein weiterer bedeutender Schritt in die wegweisende Richtung.

Über die Autorin

Anika Reuner ist eigentlich Texterin in der Welt der Werbung - da Anika aber besonders gerne über Themen schreibt, die ihr am Herzen liegen und ihren Werten entsprechen, versteht sie sich ausserdem als Redakteurin für Travel und alternative Ernährungsformen.

Sie schätzt kleinere Weinmessen wie die „Vinipro“ in Bordeaux, das Médoc und die Route des Châteaux.

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