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Birkenrinde und Orange Wine in Kopenhagen

Birkenrinde und Orange Wine in Kopenhagen
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Die dänische Hauptstadt ist ein Paradies für Radfahrer und ein durchaus mühsames Pflaster für Gourmets. Nicht etwa, weil es keine guten Adressen gäbe, sondern weil schlicht zu viele Restaurants spannende Konzepte anbieten, weil man als Besucher rasch den Überblick verliert. Auf die Preise hat der Wettbewerb allerdings kaum Auswirkungen, für deutsche Verhältnisse bleibt Kopenhagen ein teures Pflaster.

Einfach ins Noma gehen? Ohne rechtzeitige Buchung keine Chance. Zumal das berühmteste Restaurant der Stadt zu Beginn des Jahres 2015 eh etliche Wochen lang geschlossen war. Das Team um René Redzepi zog vereint nach Japan, gab ein Gastspiel in Tokio, zeigte im Fernen Osten, zu welchen Leistungen Kopenhagen fähig ist.

Eigentlich wurmt die Dänen ja nur die Tatsache, dass ihr Experimentalrestaurant noch immer nicht den dritten Stern des Guide Michelin gewonnen hat. Ob die Franzosen nicht verstanden haben, was nordische Küche ausmacht, oder ob sie einfach bloss neidisch sind?

Nordische Stilistik

Der Ärger hält nicht lange an, denn was sich in den letzten 15 Jahren getan hat in der Kopenhagener Gastronomie, ist so verblüffend, dass für dauerhaften Gram keine Zeit bleibt.

Kopenhagens berühmtes Experimentalrestaurant - Das Noma
Kopenhagens berühmtes Experimentalrestaurant – Das Noma

Das Noma mag zwar die Nummer eins der Stadt, dürfte auch preislich nicht so rasch zu übertreffen sein, ist aber nicht allein mit seinem Konzept der regional geprägten, puristischen Küche.

Viele andere Etablissements setzen ebenfalls auf das, was die Ostsee, was die dänischen Wälder, Felder und Zuchten hergeben, verzichten ganz auf die französische Grande Cuisine, lassen Fleischjus und Gänseleber weg.

Lieber gehackte Austern zur Kohl-Variation, wie sie das Kadeau serviert, als Teil eines vielgängigen Menüs zum nicht gerade niedrigen Einheitspreis.

Das eher schlichte Restaurant mit der offenen Küche befindet sich auf derselben Insel, auf der auch das Noma domiziliert ist.

Schlichte Holztische, gut gelaunte Kellner, leger gekleidete Gäste: Jene vertiefte Feierlichkeit, wie sie in manchen grossen Restaurants Frankreichs und Deutschlands angetroffen wird, ist den Dänen von Herzen fremd.

Flexibilität voran

Fremd ist ihnen noch vieles mehr, was man aus der mitte- bis südeuropäischen Gastronomie gewohnt war. Die allzu strenge Kodifizierung der Essenszeiten zum Beispiel.

Im Höst kann man noch einkehren, wenn anderswo die Köche schon im Feierabend sind, muss sich allerdings mit einer sehr knappen Auswahl begnügen. Dafür bekommt man eine feiste Jakobsmuschel zum Amuse-bouche und allerlei duftig-frische Gänge mit Rote Bete, knapp gegartem Grünkohl und Hummer, mit eingeweckten Pilzen oder Eiscreme von der Birkenrinde.

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Das Geist, ein trubeliges Hinterhofrestaurant am Neuen Hafen, ist ideal geeignet für einen After Dinner Cocktail und ein begleitendes Dessert, nachdem man sich anderswo schon den Magen vollgeschlagen hat. „Air in Air in Air Tiramisu“ schmeckt hier wirklich so luftig, wie sie sich anhört, und der gesalzene Wasabi-Toffee wurde genau im richtigen Masse mit japanischem Meerrettich abgeschmeckt.

Schliesslich ist den Kopenhagenern auch fremd, zu viele Geheimnisse zu haben. Während die Ergebnisse amtlicher Hygienekontrollen in Deutschland schamhaft verschwiegen werden, seien sie gut oder miserabel, hängen die Dänen ihre Kontrollbögen stolz an die Tür.

Besonders pingelige Lokale werden mit einem speziellen Symbol gekennzeichnet und ködern auf diese Weise neue Gäste, die anderen arbeiten an ihren Problemen.

Wein, aber wie!

Auch bei der Getränkebegleitung müssen Kopenhagen-Besucher umdenken, denn schwere Rotweine und Barrique-Weisse passen oft nicht gut zur leichten, aromatischen Nordic Cuisine.

Da machen sich Spezialitäten von der Loire oder aus dem französischen Jura schon besser, Crémants und Champagner kleiner Winzer sind gefragt, lange auf der Hefe ausgebaute Rieslinge des Moselwinzers Ulrich Stein begehrt.

Auch dänisches Bier und Jahrgangs-Beerenweine gehören zum gehobenen Standard. Mit Preisen überhäuft wurde die Weinkarte des Restaurants Geranium, welche Chefsommelier Mikael Båth aus dem Vollen schöpfen lässt. Meursault glasweise? Grüner Veltliner vom Wachauer Kultweingut Veyder-Malberg? Sogar ein eigenes Kapitel für Orange Wines existiert in diesem Zwei-Sterne-Lokal, dem zweitteuersten der Stadt.

Im Noma darf man übrigens auch wieder reservieren: ab dem 17. März für Juni, ab dem 6. April für den ganzen Monat Juli.

Zehn spannende Restaurants in Kopenhagen

Über den Autor

Wolfgang Fassbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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